Anschaffungsnaher Aufwand: Rechtsprechung

Innerhalb von drei Jahren nach Erwerb eines zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzten Grundstücks anfallende Instandsetzungsmaßnahmen sind unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als sog. anschaffungsnahe Aufwendungen lediglich im Wege der AfA berücksichtigungsfähig.

Der BFH hat sich mit Auslegungsfragen zu dieser seit 2003 geltenden Vorschrift im Laufe der Jahre mehrfach beschäftigt. Der nachfolgende Beitrag geht auf aktuelle, in den letzten drei Jahren veröffentlichte BFH-Entscheidungen ein, die für weitere Klarheit zum Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG geführt haben.

Vor Anschaffung anfallende Aufwendungen

Aufwendungen, die der Steuerpflichtige vor der Anschaffung des Grundstücks tätigt, sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwendungen steuerlich zu berücksichtigen (BFH, Beschluss v. 28.4.2020, IX B 121/19, s. hierzu auch die News " Kein anschaffungsnaher Aufwand vor Anschaffung"). Denn die einschränkenden Regularien des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gelten nur für solche Aufwendungen, die "innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung" vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen fallen daher nicht unter diese Vorschrift.

Zur Begründung verweist der BFH auf seine bislang ergangene Rechtsprechung, wonach zu den Aufwendungen i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer "im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes" vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ordnet den tatbestandlich erfassten Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwand fiktiv den Herstellungskosten des Gebäudes zu. Dies gilt nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut jedoch nur für solche Aufwendungen, die "innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung" vom Steuerpflichtigen getragen werden.

Praxis-Tipp: Steuersparende Gestaltungen

Hierdurch können sich u. U. steuersparende Gestaltungen ergeben, indem man geplante bzw. erforderliche Investitionen vor der Übertragung des Grundstücks durchführt.

Dies wird sich jedoch in der Besteuerungspraxis in der Regel auf Grundstücksübertragungen im familiären Umfeld (z. B. bei entgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragungen auf Abkömmlinge, insbesondere bei Übertragungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbregelung auf einen Abkömmling gegen Gleichstellungsgelder an nicht bedachte Geschwister) beschränken.

Bei Erwerb von fremden Dritten wird dies aus Gründen der Rechtssicherheit allenfalls den Zeitraum nach Vertragsabschluss und vor dem Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten (Beginn des Dreijahreszeitraums des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) betreffen.

Beispiel: A erwirbt ein renovierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus (Baujahr 1960) zum 31.12.2021 von seinem Vater B zum Verkehrswert von 1 Mio. EUR. Davon entfallen 200.000 EUR auf den Grund und Boden. Der gut verdienende A erwirbt das Objekt zum Verkehrswert, da sein Vater über keine finanziellen Mittel zur Durchführung der erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen verfügt und im Übrigen auf den Kaufpreis zur weiteren Finanzierung seines Lebensunterhalts angewiesen ist.

In 2022 investiert A in die Komplettsanierung des Dachs (neuer Dachstuhl, Dämmung von Dachstuhl und Dachboden und neue Dachziegel). Die Kosten belaufen sich auf insgesamt 166.600 EUR (netto 140.000 EUR). Im August 2021 hatte A bereits den Einbau einer neuen Zentralheizungsanlage mit 23.800 EUR im Hinblick auf die geplante Grundstücksübertragung durchführen lassen. Die Mietverhältnisse führt A unverändert fort.

Lösung: A hat das Mehrfamilienhaus zum Verkehrswert und damit voll entgeltlich erworben. Die in 2021 und 2022 investierten Instandsetzungsaufwendungen sind unter dem Aspekt des anschaffungsnahen Aufwands (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) zu prüfen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass vor der Anschaffung des Grundstücks (Übergang von Besitz, Nutzungen Lasten und Gefahr) getätigte Instandsetzungsaufwendungen von den Beschränkungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht tangiert werden.

Im Beispielsfall ist A somit berechtigt, die ihm bereits vor Anschaffung (31.12.2021) entstandenen Kosten für eine neue Heizung in Höhe von 23.800 EUR in 2021 als vorweggenommene Werbungskosten steuermindernd abzusetzen. Die Kosten führen nicht (auch nicht im Zusammenhang mit der 2022 durchgeführten Dachsanierung) zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes, sondern sind lediglich substanzerhaltend (Ersatz einer Zentralheizungsanlage durch eine neue Zentralheizungsanlage).

Hinsichtlich der 2022 durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen greift § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, da die Nettoaufwendungen 15 % der Gebäudeanschaffungskosten überschreiten.

Gebäudeanschaffungskosten 800.000 EUR x 15

120.000 EUR

Dachsanierung netto

140.000 EUR

Da die Nettoinstandhaltungsaufwendungen mit 140.000 EUR die 15 %-Grenze (120.000 EUR) überschreiten, sind die angefallenen Brutto - Instandsetzungskosten in Höhe von 166.600 EUR lediglich mit 2 % = 3.332 EUR jährlich nach § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG abschreibbar.

Entnahme aus Betriebsvermögen keine Anschaffung

Wird eine Wohnung dem Betriebsvermögen entnommen, saniert und nachfolgend zu Vermietungseinkünften genutzt, führt die Entnahme nicht zu einer Anschaffung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (BFH, Urteil v. 3 5.2022, IX R 7/21, s. hierzu auch die News "Die Entnahme einer Wohnung führt nicht zu anschaffungsnahen Herstellungskosten").

Für die Annahme einer Anschaffung fehlt es nach Auffassung des BFH sowohl an der für eine entsprechende Anschaffung notwendigen Gegenleistung als auch an einem Rechtsträgerwechsel, sofern das Wirtschaftsgut in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird. Auch stellt § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen im Wege der Entnahme nicht durch Fiktion einer Anschaffung gleich.

Sofort abziehbare Aufwendungen


Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG gehören ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, nicht zu den Aufwendungen i.S. des Satzes 1 der Vorschrift. Jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsaufwendungen in diesem Sinne, die außerhalb der Prüfung des anschaffungsnahen Aufwands zu sofort abzugsfähigen Werbungskosten führen, sind insbesondere Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Beseitigung von Rohrverstopfungen und - verkalkungen oder Ablesekosten.

Sofort als Werbungskosten abziehbar sind auch Abfindungszahlungen an weichende Mieter zum Zwecke der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen an einem Vermietungsobjekt (BFH, Urteil v. 20.9.2022, IX R 29/21, s. hierzu auch die News "Mieterabfindungen keine anschaffungsnahen Herstellungskosten"). Der BFH stellte heraus, dass der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt ist. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die ‑ ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ‑ vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären.

Dagegen fallen Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Entsprechend gehört daher eine Abfindung, die der Steuerpflichtige für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, nicht zu den von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfassten Aufwendungen.

Fazit

Der vorstehende Überblick über die aktuelle Rechtsprechung des BFH zeigt, dass sich im Bereich des anschaffungsnahen Aufwands immer wieder Problemstellungen ergeben, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Grund hierfür ist natürlich die hohe Praxisrelevanz der Vorschrift, aber auch, dass der Gesetzgeber bei Einführung des § 6 Abs.1 Nr. 1a EStG in das Einkommensteuergesetz lediglich den "groben Rahmen" vorgegeben, von einer Regulierung einzelner Problemstellungen jedoch abgesehen und dies der Rechtsprechung überlassen hat. Wenn nun auch viele Rechtsprobleme abschließend durch den BFH geklärt sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass sich auch künftig weitere Rechtsfragen ergeben, die den BFH beschäftigen werden.