Rz. 85
Neben den Definitionskriterien (abstrakte Bilanzierungsfähigkeit) müssen nach IAS 38.18 für den bilanziellen Ansatz des immateriellen Vermögenswerts zusätzlich – in Anlehnung an das Rahmenkonzept – die kodifizierten Ansatzkriterien (konkrete Bilanzierungsfähigkeit) vorliegen:
- Es muss hinreichend wahrscheinlich sein, dass dem Unternehmen der erwartete zukünftige Nutzen aus dem Vermögenswert tatsächlich zufließen wird;
- die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten müssen zuverlässig ermittelt werden können.
Das erste Ansatzkriterium, die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des künftigen wirtschaftlichen Nutzens, soll nach IAS 38.22 anhand von vernünftigen und begründeten Annahmen erfolgen. Dabei sind gemäß IAS 38.23 externe Hinweise auf eine Werthaltigkeit des immateriellen Vermögenswertes zu berücksichtigen, denen gegebenenfalls ein größeres Gewicht beizumessen ist als internen Einschätzungen. Diesem Kriterium entsprechend ist ein immaterieller Vermögenswert dann zu bilanzieren, wenn er "zu Rückflüssen zumindest in Höhe der getätigten Ausgaben führen wird". Informationen darüber können aus den operativen oder strategischen Plänen des Unternehmens herangezogen werden. Es wird die Auffassung vertreten, dass aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts des Frameworks und IAS 38.21 die Aktivierung eines immateriellen Vermögenswerts restriktiver als die Aktivierung eines materiellen Vermögenswerts anzusehen ist. Während F 4.4 i. V. m. 4.38 verlangt, dass der Nutzen mit dem Vermögenswert lediglich verknüpft (associated) sein muss, fordert IAS 38.21 die Zuordnung des Nutzens zum jeweiligen Gegenstand. Dennoch steht der Aktivierung nichts entgegen, wenn der immaterielle Vermögenswert zusammen mit anderen Vermögenswerten Nutzenzuflüsse generieren kann. Daher ergeben sich keine Unterschiede im Vergleich zu den allgemeinen Aktivierungsvoraussetzungen im Framework. Eine Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses, die in der Literatur häufig gefordert wird, erscheint aufgrund des Fehlens von vorgeschriebenen statischen Methoden zur Ermittlung dieser Wahrscheinlichkeit bedenklich; vielmehr kann lediglich darauf abgestellt werden, dass die Wahrscheinlichkeit des Zuflusses wirtschaftlichen Nutzens größer sein muss als die Gegenwahrscheinlichkeit.
Das zweite Ansatzkriterium, die verlässliche Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, setzt die Bestimmung des relevanten Bewertungsmaßstabs in Abhängigkeit von der jeweiligen Zugangsform (gesonderte Anschaffung, Erwerb durch Unternehmenszusammenschluss, Erwerb durch eine Zuwendung der öffentlichen Hand, Erwerb durch Tausch oder selbst erstellt) voraus.
So umfassen die Anschaffungskosten eines gesondert erworbenen immateriellen Vermögenswertes gemäß IAS 38.27 den Erwerbspreis einschließlich der Einfuhrzölle und nicht erstattungsfähigen Umsatzsteuern, jedoch abzüglich der gewährten Rabatte, Boni und Skonti und die direkt zurechenbaren Kosten für die Vorbereitung des Vermögenswerts auf seine beabsichtigte Nutzung. Demgegenüber entsprechen etwa nach IFRS 3 die Anschaffungskosten eines im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbenen immateriellen Vermögenswertes dessen beizulegendem Zeitwert zum Erwerbszeitpunkt, der nach IFRS 13 zu bestimmen ist.
Erfüllt ein immaterieller Gegenstand die Ansatzkriterien nicht, sind sämtliche dazugehörigen Ausgaben in der Periode, in der sie angefallen sind, in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen.
Rz. 86
Die bilanzielle Behandlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts wird von IFRS 3 geregelt. Demnach besteht für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert nach IFRS 3.32 eine Aktivierungspflicht.