Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt (§ 134 BGB). Der Vorbehalt in § 134 BGB wird im Allgemeinen so interpretiert, dass eine allein die Person und den Status des Steuerberaters betreffende Regelung zwar zu berufsrechtlichen Konsequenzen führen kann, aber nicht in das Zivilrecht und damit in die Sphäre auch des Mandanten überschlägt. Anders jedoch, wenn die berufsrechtliche Regelung auch dem Schutz des Mandanten dient und dieser keinen anderweitigen Schutz erfährt. Im Zweifel haben die Regelungen zu den Berufspflichten solche Mandatsauswirkungen.

Wenn ein berufsrechtlicher Verstoß (auch) § 134 BGB verletzt und zur Nichtigkeit des Beratungsvertrags führt, kann ein Rückforderungsanspruch nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) entstehen. Darüber hinaus wirkt sich ein Tätigkeitsverbot auch auf den Gebührenanspruch aus. Nimmt der Steuerberater einen Auftrag an, obgleich er schon bei Auftragserteilung weiß, dass eine Interessenkollision vorliegt, und weist er den Mandanten nicht darauf hin, kann dieser dem Gebührenanspruch des Steuerberaters einen Schadensersatzanspruch in Höhe des Honorars wegen der Verletzung vorvertraglicher Offenbarungspflichten entgegenhalten (vgl. Struckmeier/Maxl, Nichtigkeit des Steuerberatungsvertrages bei gleichzeitiger Tätigkeit des Steuerberaters als Geschäftsführer der Mandantin, Zugleich Besprechung von LG Rottweil, Urteil v. 25.9.2020, 5 O 19/44 KfH und nachgehend OLG Stuttgart, 12 U 334/20, DStR 2021, S. 1564).

Angestellte Steuerberaterin fungierte gleichzeitig als Geschäftsführerin

In einem an das LG Rottweil herangetragenen Fall war die Steuerberaterin S bei einer gewerblich tätigen GmbH – der Klägerin – im Jahr 2017 als Geschäftsführerin angestellt. Zugleich erbrachte S während dieser Zeit Beratungsleistungen für die Klägerin, für die sie Honorare von rd. 30.000 EUR in Rechnung stellte. Die Rechnungsbeträge wurden von der Klägerin jeweils ausgeglichen.

In der Folge begehrte die Klägerin die Rückzahlung der geleisteten Honorare mit der Begründung, die den Rechnungen zugrunde liegenden Steuerberatungsverträge verstießen gegen § 57 Abs. 1 StBerG i. V. m. §§ 2, 6 BOStB und seien deshalb nichtig. S sei als Steuerberaterin Organ der Steuerrechtspflege und als solches zur unabhängigen Berufsausübung verpflichtet. Sie dürfe daher keine Bindungen eingehen, die ihre berufliche Entscheidungsfreiheit gefährden und sie zu pflichtwidrigem Verhalten veranlassen könnten. Sie habe daher während ihrer Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin keine Steuerberaterleistungen erbringen dürfen.

In einer derartigen Konstellation sei stets davon auszugehen, dass ihr unternehmerisches Geschäftsführerinteresse mit ihrer Pflicht zur unabhängigen Steuerberatung kollidiere. Die von der Steuerberaterkammer nach § 57 Abs. 4 StBerG erteilte Ausnahmegenehmigung ändere hieran nichts.

Die Entscheidung des LG Rottweil

Das LG Rottweil hat entschieden, dass S aufgrund der Genehmigung der Steuerberaterkammer zwar nicht gegen § 57 Abs.  4 Nr. 1 StBerG verstoßen habe. Allerdings liege ein Verstoß gegen Vorschriften der BOStB vor, der aber nicht die Nichtigkeit der Steuerberatungsverträge nach sich ziehe (LG Rottweil, Urteil v. 25.9.2020, 5 O 44/19 KfH, DStRE 2021, S. 828).

Ein Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB, das zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führe, sei nach Art. 2 EGBGB jede Rechtsnorm. In Betracht kämen daher nicht nur die durch die Bundes- oder Länderparlamente verabschiedeten Gesetze im formellen Sinne, sondern auch Gesetze im materiellen Sinne, also jede generell-abstrakte Rechtsregel mit Außenwirkung, die verbindliche Vorschriften für das Verhalten der ihr unterworfenen Personen aufstelle.

Nach § 2 Abs. 1 BOStB hätten Steuerberater ihre persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit gegenüber jedermann zu wahren. Sie dürften keine Bindungen eingehen, die ihre berufliche Entscheidungsfreiheit gefährden könnten (§ 2 Abs. 2 BOStB). Nach § 6 Abs. 1 BOStB dürften Steuerberater nicht tätig werden, wenn eine Kollision mit eigenen Interessen gegeben sei.

Es sei vorliegend offenkundig, dass S ihre Unab­hängigkeit als Steuerberaterin nicht habe wahren können, als sie während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Klägerin gleichzeitig für diese Steuerberatungsleistungen erbrachte. Die ihr als Geschäftsführerin gegenüber der Klägerin obliegenden Pflichten hätten ihre berufliche Entscheidungsfreiheit gefährdet und tiefgreifende Interessenskonflikte begründet. Hieran ändere die Ausnahmegenehmigung der Steuerberaterkammer nichts, die keineswegs erlaubt habe, dass S als Geschäftsführerin und Steuerberaterin für die Klägerin tätig werde. Soweit S aus § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 BOStB herleiten möchte, dass die Genehmigung auch die Erbringung von Steuerberatungsleistungen erfasst habe, könne sie damit nicht gehört werden. Diese Regelung besage lediglich, dass von der zuständigen Steuerberaterkammer bei Übernahme der Notgeschäftsführung bei Mand...

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