Zusammenfassung

 
Überblick

Trotz fortschreitender Digitalisierung und der immer wieder postulierten Zukunft des sog. "papierlosen Büros" ist und bleibt die Handakte ein zentrales Arbeitsmaterial in der Steuerberatungskanzlei. Dabei umfasst der Begriff selbstverständlich auch die "digitale Handakte", also z. B. bei einem Rechenzentrum gespeicherte Datenbestände des Mandanten. Und die Dokumentation ist hinsichtlich Honorarforderung und Gebührensicherung ganz wesentlich, daher sollten Sie diese nicht auf die leichte Schulter nehmen. In welchem Zusammenhang damit die Handakte und das Recht auf deren Zurückhaltung stehen, erläutert Ihnen Herr Berners anschaulich anhand von Beispielen aus der Praxis.

1 Berufsrecht: Die Handakte und das Zurückbehaltungsrecht

Vielfach geht es beim Begriff der Handakte um deren rechtliche Einordnung, und ob wegen offener Honorarforderungen ein Zurückbehaltungsrecht für fällige Gebührenforderungen besteht. Der Begriff der Handakte ist in § 66 Abs. 3 StBerG geregelt und außerdem in § 320 BGB und § 273 BGB von Bedeutung.

Die verschiedenen Handaktenbegriffe

Nach § 66 Abs. 3 StBerG gehören zur Handakte nur die Schriftstücke, die der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit vom Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, nicht aber der Briefwechsel zwischen dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten und seinem Auftraggeber und nicht die Schriftstücke, die dieser bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten hat. Daher zählen z. B. zur Handakte erhaltene

  • Bilanzen,
  • Steuererklärungen,
  • Rechnungen,
  • Kontoauszüge,
  • Steuerbescheide,
  • Schriftverkehr mit Geschäftspartnern des ­Mandanten,
  • Buchführungsunterlagen,
  • Grundaufzeichnungen,
  • Bescheinigungen,
  • Inventar- und Anlageverzeichnis,
  • Umbuchungslisten,
  • Sachkonten,
  • bei einem Rechenzentrum gespeicherte ­Datenbestände des Mandanten,
  • Schriftstücke vom Mandanten und für ihn.

§ 320 BGB regelt die Einrede des nicht erfüllten Vertrags. Diese Einrede bezieht sich auf die Hauptpflichten des Steuerberaters, also auf dessen Arbeitsergebnisse. Zu diesen zählen z. B. erstellte Steuererklärungen. In Bezug auf § 273 BGB verbleiben die Unterlagen, die weder unter den Handaktenbegriff des § 66 Abs. 3 StBerG noch unter die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB fallen. Es handelt sich um die interne Mandantenakte. Dazu zählen z. B.

  • Schriftverkehr zwischen Steuerberater und Mandant,
  • Abschriften von Schriftstücken, die der Mandant im Original oder in Kopie erhalten hat,
  • Aktenvermerke über das Auftragsverhältnis.

Diese Unterlagen fallen nicht unter den Begriff der Arbeitsergebnisse.

Unterlagen, die nicht unter § 66 Abs. 3 StBerG, § 320 und § 273 BGB fallen

Es verbleiben rein interne Unterlagen, wie zu internen Zwecken vom Steuerberater gefertigte Arbeitspapiere, interne Vermerke über das Auftragsverhältnis, Angaben zu Stammdaten etc. Hierbei handelt es sich wohl um Unterlagen, die nach § 97 StPO beschlagnahmefrei sind.

"Zurückbehaltungsrecht" wegen offener Honorarforderungen

In der Rechtsprechung und Fachliteratur wird nicht sauber zwischen diesen Zurückbehaltungsrechten bzw. der Einrede des nicht erfüllten Vertrags unterschieden. Die überwiegende Rechtsprechung (z. B. OLG Düsseldorf, Urteil v. 21.12.2004, 23 U 36/04; entgegen BGH, Urteil v. 17.2.1988, IVa ZR 262/86) verlangt für ein Zurückbehaltungsrecht wie auch für die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gegenüber offenen Honorarforderungen des Steuerberaters, dass diese sich auf dieselbe Angelegenheit beziehen.

 
Praxis-Beispiel

Kein Zurückbehaltungsrecht wegen offener Honorare

Der Steuerberater hat die Einkommensteuererklärung für 2018 erstellt und dem Mandanten in Rechnung gestellt, aber noch nicht eingereicht. Der Mandant zahlt die Rechnung nicht. Die Steuererklärung 2018 ist das Arbeitsergebnis. Der Steuerberater kann sie zurückhalten auf der Rechtsgrundlage der Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB.

Der Steuerberater hat auch noch die Unterlagen zur Einkommensteuererklärung 2017. Die Rechnung wurde bezahlt. Die Herausgabe dieser Unterlagen stellt m. E. keine Hauptpflicht des Steuerberaters dar. Ihm steht aber auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen offener Honorare hinsichtlich der erstellten Einkommensteuererklärung 2018 zu, da es sich nicht um dieselbe Angelegenheit handelt.

Grenzen des Zurückbehaltungsrechts

Nach § 66 Abs. 2 Satz 2 StBerG ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts unzulässig, soweit dies unangemessen wäre. Dies wird auf die Einbehaltungsrechte nach §§ 273, 320 BGB übertragen. Dies ist z. B. der Fall, wenn

  • dem Mandanten durch die Zurückbehaltung ein erheblicher Schaden drohen würde;
  • die ausstehende Honorarforderung unverhältnismäßig gering ist;
  • das Steuerberatungshonorar verweigert wird, dessen Klärung schwierig und zeitraubend ist und die Durchsetzung der Mandantenforderung auf unabsehbare Zeit verhindern würde.

Verjährter Honoraranspruch

Wenig bekannt ist, dass verjährte Honoraransprüche des Steuerberaters ein Zurückbehaltungsrecht bzw. die Einrede des nicht erfüllten Vertrags begründen, wenn die Verjährung zu dem Zeitpu...

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