Die technischen Möglichkeiten zur Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen, wie Kassenaufzeichnungen, stellen ein ernstzunehmendes Problem für den gleichmäßigen Steuervollzug dar. Aufgrund der fortschreitenden Technisierung ist es heutzutage möglich, dass digitale Grundaufzeichnungen, z. B. in elektronischen Registrierkassen, unerkannt gelöscht oder geändert werden können. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber, neben weiteren Änderungen der Abgabenordnung, eine sog. "Belegausgabepflicht" im Gesetz verankert, um einen gleichmäßigen Steuervollzug zu gewährleisten.

Der neugefasste § 146a Abs. 2 AO sieht die verpflichtende Belegausgabe in denjenigen Fällen vor, in denen aufzeichnungspflichtige ­Geschäftsvorfälle i. S. d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst werden (sog. "Belegausgabepflicht").

Danach muss, unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften, ein Beleg über den Geschäftsvorfall für den an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten erstellt werden. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Die Erstellung des Belegs muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall erfolgen. Für den Beteiligten entsteht hierdurch jedoch keine Pflicht zur Mitnahme des Belegs. Diese Maßnahme dient, so der Wille des Gesetzgebers, einer verstärkten Transparenz im Wettbewerb.

Ausnahmen von der "Belegausgabepflicht" nur auf begründeten Antrag

Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität sieht § 146a Abs. 2 Satz 2 AO unter den Voraussetzungen des § 148 AO die Möglichkeit einer Befreiung von der Belegausgabepflicht vor. Dies betrifft in Anlehnung an § 146 Abs. 1 Satz 3 AO den Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen.

Die Entscheidung über eine Befreiung von der Belegausgabepflicht trifft die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie hat dabei alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dabei reicht es aus, dass der Befreiungsantrag einmalig gestellt wird. Denn die Befreiung kann jederzeit widerrufen werden. Insbesondere dann, wenn Anhaltspunkte für Missbrauch vorliegen.

Drohen ohne Antrag Sanktionen?

Zur Sanktionierung von Verstößen wird der Steuergefährdungstatbestand des § 379 Abs. 1 AO ergänzt. Dies ist notwendig, um den neuen gesetzlichen Verpflichtungen des § 146a AO Rechnung zu tragen. Darüber hinaus können die Ordnungswidrigkeiten des § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 6 AO mit einer Geldbuße bis zu 25.000 EUR geahndet werden.

Die neuen Steuergefährdungstatbestände sollen eingreifen, wenn ein technisches System eingesetzt wird, das nicht den Anforderungen des § 146a Abs. 1 AO entspricht, eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung in elektronischen Aufzeichnungssystemen fehlt oder nicht richtig verwendet wird oder elektronische Aufzeichnungssysteme, technische Sicherheitseinrichtungen oder sonstige Software in den Verkehr gebracht oder beworben werden, die nicht jeden einzelnen Geschäftsvorfall vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet erfassen bzw. die die Möglichkeit eröffnen, nachträglich nicht nachvollziehbar steuerrelevante Daten zu verändern, zu löschen oder zu unterdrücken (Manipulationssoftware).

Die Belegausgabepflicht ist jedoch in § 146a Abs. 2 AO geregelt. Ein Verstoß gegen die Belegausgabepflicht führt derzeit nicht zu einer Ordnungswidrigkeit, da die in § 379 Abs. 1 AO genannten Tatbestände abschließend sind und sich nicht auf § 146a Abs. 2 AO beziehen.

 
Hinweis

Antrag auf Befreiung von der Belegausgabepflicht stellen

Vom Grundsatz her sind alle diejenigen Mandanten von der "Belegausgabepflicht" erfasst, die aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle i. S. d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems vornehmen. Ausnahmen gelten aus Gründen der "Zumutbarkeit und Praktikabilität" beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen. Vor diesem Hintergrund ist es zu empfehlen, für den Mandanten einen "Antrag auf Befreiung von der Belegausgabepflicht" zu stellen.

Die Regelungen gelten ab dem 1.1.2020.

Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, zeitnah einen Antrag auf Befreiung beim zuständigen Finanzamt für die entsprechenden Mandanten zu stellen.

 
Praxis-Beispiel

Antrag an das Finanzamt

Sehr geehrte Damen und Herren,

Namens und im Auftrag meiner Mandantschaft … beantrage ich für die Betriebsstätte in ... für alle dortigen Registrierkassen (Anzahl ...) ab dem 1.1.2020 die Befreiung von der Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 148 AO.

Begründung:

Mein Mandant verkauft dort als … (Bäcker, Metzger, Gemüsehändler, Kioskbetrieb, etc.) Waren an eine Vielzahl von Kunden, die diesem namentlich nicht bekannt sind.

Vor diesem Hintergrund stellt die Belegausgabe eine sachliche Härte dar, denn das Ausdrucken, Aushändigen und Entsorgen der Kassenbelege erfordert zusätzlichen Zeitaufwand. Dies kann gerade in Stoßzeiten zu längeren Wartezeiten (bei Öffnung des Geschäfts, beim Mittagsgeschäft, beim Feierabendgeschäft etc.) für die Kunde...

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