Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensausübung des Krankenversicherungsträgers bei der Auswahl des geeigneten Leistungserbringers für eine stationäre medizinische Reha-Maßnahme. Kostenerstattung. Wirtschaftlichkeitsgebot. Vergütungssätze. Wunsch des Versicherten. Freie Arztwahl. Medizinische Eignung und Erforderlichkeit

 

Orientierungssatz

1. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB 5 setzt voraus, dass der Leistungsträger entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.

2. Die Bewilligung einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme durch die Krankenkasse ist nach § 40 Abs. 3 SGB 5 eine Ermessensleistung. Dem Gericht ist es bei der Überprüfung der getroffenen Entscheidung verwehrt, das eigene Ermessen an die Stelle des Ermessens der Krankenkasse zu setzen. Es kann die Ermessensentscheidung lediglich nach Ermessensnichtgebrauch, Ermessensunterschreitung, Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch überprüfen.

3. Maßstab für die Ausübung des Ermessens sind nach § 40 Abs. 3 S. 1 SGB 5 die medizinischen Erfordernisse des Einzelfalls. Die Leistungen von Reha-Einrichtungen sind u. a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen auszuführen. Bei der Auswahl gleich geeigneter Leistungserbringer ist derjenige mit der Durchführung der Maßnahme zu beauftragen, der die Leistung mit den geringsten Vergütungssätzen anbietet, vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 - B KR 63/01 R.

4. Die nach § 76 SGB 5 für den Bereich der ambulanten Versorgung bestehende freie Arztwahl ist nach dem Wortlaut des § 40 Abs. 3 S. 1 SGB 5 für den Bereich der medizinischen Reha-Maßnahme ausdrücklich ausgeschlossen.

 

Normenkette

SGB V § 40 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3, § 76; SGB IX § 9 Abs. 1, §§ 15, 19 Abs. 4 S. 2, § 35 Abs. 1 S. 2 Nr. 4; SGB I § 39; SGG § 54 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften stationären medizinischen Reha-Maßnahme streitig.

Die Klägerin, geboren im Jahr 1942, ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 26. Mai 2008 beantragte sie bei der Beklagten die Durchführung einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme aufgrund von Herzbeschwerden und neurologischer Erkrankungen. Dabei teilte sie den Wunsch mit, die Maßnahme entweder in den Kliniken Schmieder Konstanz oder der Fachklinik Medical Park Sankt Hubertus in Bad Wiessee durchzuführen.

Nach Beurteilung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juni 2008 der Klägerin eine stationäre medizinische Reha-Maßnahme für ca. drei Wochen in dem Klinikzentrum Mühlengrund in Bad Wildungen.

Gegen die Auswahl der Einrichtung erhob die Klägerin über ihren Ehemann Widerspruch. Mit Schreiben vom 20. Juni 2008 forderte die Beklagte eine medizinische Begründung für die Ablehnung der ausgewählten Reha-Einrichtung.

Der Ehemann der Klägerin führte dazu aus, die Kliniken Schmieder Konstanz seien ihnen durch behandelnde Ärzte empfohlen worden. Auch seien sie aufgrund von Erfahrungsberichte aus dem Bekanntenkreis sowie der Lizenzierungen der Kliniken der Auffassung, dass diese zur Durchführung der bewilligten Maßnahme am besten geeignet seien.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2008 wies die Beklagte darauf hin, die Einrichtung Medical Park Sankt Hubertus in Bad Wiessee sei nur für neurologische Diagnostik zugelassen und aus wirtschaftlichen Gründen kämen die Kliniken Schmieder Konstanz nicht in Betracht, da eine hochwertige medizinische und persönliche Betreuung in der Klinik Mühlengrund sichergestellt sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

In der Zeit vom 11. Juli 2008 bis zum 15. August 2008 führte die Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in den Kliniken Schmieder Konstanz durch. Ihr wurden von der Rehabilitationseinrichtung für diese Maßnahme Kosten in Höhe von 5.789,00 € in Rechnung gestellt.

Am 5. September 2008 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten unter Abzug von Zuzahlungen, zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit erhoben.

Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, in den Kliniken Schmieder Konstanz seien Reha-Maßnahmen der Phase C durchgeführt worden. Eine solche könne in der von der Beklagten ausgesuchten Reha-Einrichtung nicht erbracht werden. Unter Bezug auf vorgelegte Kopien in aus dem Handbuch der Vorsorge- und Rehabilitations-Einrichtungen - ambulant und stationär - in der Bundesrepublik Deutschland hat die Klägerin vorgetragen, das Klinikzentrum Mühlengrund in Bad Wildungen biete lediglich Reha-Maßnahmen der Phase D a...

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