Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtvollstreckungsverwalter. Arbeitnehmer als Gläubiger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die von § 13 Abs. 1 GesO vorausgesetzte „Einwilligung” des Kreisgerichts betrifft nicht die Rechtsbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem Gesamtvollstreckungsverwalter und hindert nicht dessen Verurteilung zur Leistung.

2. Die Rangstelle des § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO kommt nicht in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer als Gläubiger wirkungslos gekündigt worden ist.

3. Der Einwand der Masseunzulänglichkeit führt nicht zur Abweisung der gegen den Gesamtvollstreckungsverwalter gerichteten Leistungsklage.

4. Die öffentliche Anzeige der Masseunzulänglichkeit hat keinen Einfluss auf die Darlegungslast des zur Leistung verklagten Gesamtvollstreckungsverwalters.

 

Normenkette

GesO § 13 Abs. 1; KO § 60

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Entscheidung vom 16.12.1998; Aktenzeichen 6 Ca 177/98)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 16. Dezember 1998 – 6 Ca 177/98 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 01. April 1966 bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt. Über deren Vermögen wurde am 01. Mai 1997 durch das Amtsgericht (Kreisgericht) Schwerin das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Zum Gesamtvollstreckungsverwalter wurde der Beklagte bestimmt.

Mit Schreiben vom 29.11.1996 kündigte die Gemeinschuldnerin das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger zum 30. Juni 1997. Im Rahmen der hiergegen vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht Gießen unter dem Az.: 2 Ca 744/96 am 23. April 1998 durch inzwischen rechtskräftiges Urteil fest, dass die Kündigung unwirksam ist.

Nachdem der Kläger zunächst mit Telefax vom 29. Juni 1997 seine Arbeitskraft schriftlich angeboten hat, erschien er am 01. Juli 1997 an seinem Arbeitsplatz und wurde mit dem Hinweis fortgeschickt, es bestünde kein Arbeitsverhältnis mehr. Mit weiteren Schreiben vom 12. Januar, 18. Mai und 06. Juli 1998 bot der Kläger dem Beklagten jeweils seine Arbeitsleistung an.

Der Kläger erhielt zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von DM 6.196,00. Von Juli 1997 bis einschließlich Juli 1998 zahlte der Beklagte keinerlei Gehälter an den Kläger aus. In diesem Zeitraum erhielt der Kläger monatliche Zahlungen durch das Arbeitsamt, die sich auf insgesamt DM 32.439,03 beliefen. Wegen der einzelnen Zahlungen wird auf Bl. 42 d.A. verwiesen.

Mit seiner seit dem 31.08.1998 rechtshängigen Klage hat der Kläger die von April bis Juli 1998 ausstehenden Gehälter in Höhe von insgesamt DM 24.784,00 brutto geltend gemacht. Er hat sich auf ein Schreiben des Arbeitsamtes Gießen vom 24. September 1998 berufen, wonach er ermächtigt ist, die aufgrund gesetzlicher Forderungsabtretung auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Weiter heißt es darin: „Die Ermächtigung steht unter der Bedingung, dass diese dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt wird und weiterhin unter der Bedingung, dass Zahlungen des Arbeitgebers in Höhe der Beträge laut Anlage nur unmittelbar an mich mit befreiender Wirkung geleistet werden können.” Wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 42 d.A. verwiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft die auf das Arbeitsamt übergegangenen Ansprüche im eigenen Namen geltend machen.

Er hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 24.784,00 brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01. August 1998 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei im streitbefangenen Zeitraum von der Arbeitsleistung freigestellt worden. Deswegen, so hat er gemeint, handele es sich bei den mit der Klage geltend gemachten Forderungen um nachrangige Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 3 Buchstabe a der Gesamtvollstreckungsordnung. Diese Forderungen seien derzeit nicht fällig, weil ihnen eine temporäre Masseunzulänglichkeit (siehe Bl. 32 d.A.) entgegenstehe, die nach § 13 der Gesamtvollstreckungsordnung i.V.m. § 60 KO analog zu einer Stundung der Forderung führe.

Der Beklagte hat weiter behauptet, von Antang an habe Masseunzulänglichkeit bestanden, was bereits in der ersten Gläubigerversammlung ausführlich dargelegt worden sei. Insofern hat sich der Beklagte auf den Bericht gegenüber der ersten Gläubigerversammlung bezogen. Die Masseunzulänglichkeit folge aus fehlender Liquidität und Belastung der Vermögensgegenstände der Gemeinschuldnerin mit Aussonderungsansprüchen. Im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung hätten den liquiden Mitteln von DM 2.072.711,00 bereits Masseverbindlichkeiten der vorrangigen Rangklasse gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 der Gesamtvollstreckungsordnung in Höhe von DM 5.400.000,00 gegenüber gestanden und insgesamt prognostizierte Masseverbindlichkeiten von DM 28.800.000,00. Bereits die gegenüber dem Kläger vorrangigen Ansprüche im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Gesamtv...

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