Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfristen. Urlaubsabgeltung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Urlaubsabgeltungsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz unterliegt tarifvertraglichen Ausschlussfristen.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Urteil vom 12.11.2010; Aktenzeichen 2 Ca 178/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 9 AZR 795/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 12. November 2010 – 2 Ca 178/10 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerseite hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche.

Der ehemalige, im Laufe des Berufungsverfahrens verstorbene Kläger und Ehemann der jetzigen Klägerin, war bei der Beklagten als Gießereiarbeiter vom 08. November 1989 bis zum 30. September 2008 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand Kraft arbeitsvertragliche Bezugnahme der Manteltarifvertrag der Hessische Elektro- und Metallindustrie für das Land Hessen Anwendung. § 29 MTV sieht vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis – ausgenommen Ansprüche auf Zuschläge aller Art sowie auf Mehrarbeitsvergütung – innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber der anderen Partei geltend zu machen sind. Lehnt die Gegenseite die Erfüllung des rechtzeitig erhobenen Anspruchs ab, so ist der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 05. Mai 2009 gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung aus den Jahren 2006 bis 2008 erhoben. Wegen des Weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 61 – Bl. 64 d. A.) ergänzend Bezug genommen.

Durch Urteil vom 12. November 2010 hat das Arbeitsgericht Marburg der Zahlungsklage zum überwiegenden Teil stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 9.357,94 brutto abzüglich EUR 4.000,00 brutto nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Anwendbarkeit von tariflichen Ausschlussfristen hat das Arbeitsgericht – kurz zusammengefasst – Folgendes ausgeführt: Nach der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der sich daran anschließenden neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müsse davon ausgegangen werden, dass die gesetzlichen Urlaubsansprüche nicht durch die tarifliche Ausschlussfrist des § 29 des Manteltarifvertrages für die Hessische Elektro- und Metallindustrie verfallen seien. Richtigerweise müsse von der Unabdingbarkeit der gesetzlichen Mindesturlaubsansprüche unter Berücksichtigung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG ausgegangen werden. Der gesetzliche Urlaubsanspruch könne weder nach § 7 Abs. 3 BUrlG zum 31. März des Folgejahres noch durch tarifliche Ausschlussfristen verfallen, da nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG durch Tarifvertrag nicht von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 BUrlG abgewichen werden dürfe. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 66 – 70 d. A.) verwiesen.

Am 21. November 2010 ist der ehemalige Kläger verstorben. Gesetzliche Erben sind seine Ehefrau sowie die beiden Kinder. Sie haben außergerichtlich eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Urlaubsabgeltungsforderungen in vollem Umfang der Ehefrau des ehemaligen Klägers zustehen sollen. Gegen das am 16. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. Januar 2011 Berufung eingelegt und sie mit dem am 14. Februar 2011 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiter. Insbesondere vertritt sie die Rechtsansicht, dass Urlaubsabgeltungsansprüche einer tariflichen Ausschlussfrist unterlägen und dementsprechend im Streitfall untergegangen seien. Wegen des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 10. Februar 2011 (Bl. 83 – 100 d. A.) sowie auf den Schriftsatz vom 17. Mai 2011 (Bl. 149 – 151 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 12.11.2010 – 2 Ca 178/10 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerseite beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meint, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Unanwendbarkeit von tariflichen Ausschlussfristen führe. Die Urlaubsabgeltungsansprüche seien gewissermaßen „resistent” gegen alles. Wegen des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf den Schriftsatz vom 18. April 2011 (Bl. 143 – 148 d. A.) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Sitzungsniederschrift vom 1...

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