Entscheidungsstichwort (Thema)

Flughafen als erste Tätigkeitsstätte eines Piloten und einer Flugbegleiterin gem. § 9 Abs. 4 EStG - Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs, das die sachliche Richtigkeit der richterlichen Tätigkeit betrifft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mit der Annahme, bei einem Piloten und einer Flugbegleiterin liege die erste Tätigkeitsstätte gem. § 9 Abs. 4 EStG an dem Flughafen, den sie regelmäßig aufgesucht haben und an dem sämtliche Streckeneinsätze begonnen und beendet wurden, liegt kein verfassungswidriger Eingriff in das objektive Nettoprinzip vor.
  2. Dass die Tätigkeit als Pilot bzw. als Flugbegleiterin schwerpunktmäßig in einem Flugzeug ausgeübt wird, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine erste Tätigkeitsstätte ist, ist nach der gesetzlichen Neuregelung des § 9 Abs. 4 EStG (ab. 1.1.2014) für das Auffinden der ersten Tätigkeitsstätte unerheblich.
  3. Eine Rüge in einem Ablehnungsgesuch gem. § 51 Abs. 1 S. 1 FGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO, die die sachliche Tätigkeit des Vorsitzenden Richters betrifft (im Streitfall: der Vorsitzende Richter habe unzutreffend einen Zeugenbeweis vereitelt und Zeugen geladen, die keinen Bezug zu den Arbeitgeberbestimmungen von Cockpit- und Kabinenpersonal zu einer ersten Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG hätten), ist einem zulässigen Ablehnungsgesuch nicht zugänglich.
 

Normenkette

EStG 2009 § 9 Abs. 4, 1 S. 3 Nr. 4; FGO § 51 Abs. 1 S. 1; ZPO § 42 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2014

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Aufwendungen aus von den Klägern durchgeführten Fahrten von der Wohnung zum Flughafen A im Rahmen des Werbungskostenabzugs nach Dienstreisegrundsätzen oder nach Maßgabe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als angestellter Pilot. Die Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als angestellte Flugbegleiterin.

In der beim Beklagten, dem Finanzamt (nachfolgend FA), eingereichten Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger Aufwendungen für Reisekosten in Höhe von EUR. Die Klägerin machte Fahrtkosten i.H.v. € als Werbungskosten geltend. Beide ermittelten die Kosten für die Fahrten nach Reisekostengrundsätzen. Sie gaben an, dass der Kläger an 97 Tagen und die Klägerin an 36 Tagen zum Flughafen A gefahren seien. Die zurückgelegte Strecke betrage insgesamt km.

Mit Bescheid vom 23.06.2015 setzte das FA die Einkommensteuer auf € fest. In den Erläuterungen zum Bescheid wurde ausgeführt, die Fahrten zum Flughafen seien mit der Entfernungspauschale berücksichtigt worden. Aufgrund der Änderung des Reisekostenrechts zum 01.01.2014 werde der Ort, der stets zur Arbeitsausübung angefahren werde (Flughafen), als erste Tätigkeitsstätte behandelt.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und begehrten, die Fahrten zum Flughafen nicht im Wege der Entfernungspauschale zu berücksichtigen, sondern in tatsächlicher Höhe im Wege der Dienstreisepauschale. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei Urteilen entschieden, dass Piloten und Flugbegleiter eine Auswärtstätigkeit ausübten (BFH-Urteile vom 26.02.2014 VI R 54/13, BFH/NV 2014, 1199 und vom 26.02.2014 VI R 68/12, BFH/NV 2014, 1029).

Auch nach dem BMF-Schreiben vom 24.10.2014 sei eine Tätigkeitsstätte eine von der Wohnung getrennte, ortsfeste betriebliche Einrichtung. Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste betriebliche Einrichtungen seien keine Tätigkeitsstätten im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Auch werde in dem BMF-Schreiben der Flughafen gerade nicht als Sammelpunkt aufgeführt.

Im Übrigen werde der Flughafen aufgrund der Flugpläne nicht arbeitstäglich aufgesucht. Auf die Einspruchsbegründung im Einzelnen wird verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 03.09.2015 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es unter anderem aus, nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG seien Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen sei für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsuche, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen (Entfernungspauschale), höchstens jedoch 4.500,00 € im Kalenderjahr. Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285; BStBl I 2013, 188) seien die bisherigen steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht umgestaltet worden. Zentraler Punkt der ab 1. Januar 2014 geltenden Neuregelungen sei die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte, die an die Stelle der regelmäßigen Arbeitsstätte trete. Erste Tätigkeitsstätte gemäß § 9 Abs. 4 EStG sei die ortsfeste betriebliche...

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