Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkretisierung des Antragsbegehrens bei einem Antrag auf schlichte Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die wirksame Beantragung einer schlichten Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen nach § 172 Abs. 1 AO setzt die Stellung eines bestimmten Antrages auf Änderung oder Aufhebung des zu ändernden/aufzuhebenden Steuerbescheides vor Ablauf der Klagefrist voraus. Es genügt nicht, den allgemein auf Änderung des Bescheides lautenden Antrag erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen zu konkretisieren und zu begründen.
  2. Der Steuerpflichtige muss einen fristgerechten Antrag auf schlichte Änderung inhaltlich zumindest insoweit konkretisieren, dass das Finanzamt erkennen kann, inwiefern er den Bescheid für fehlerhaft hält.
  3. Eine Erweiterung des Aufhebungs- oder Änderungsbegehrens nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ist – jedenfalls seinem betragsmäßigen Umfang nach – nicht mehr möglich.
 

Normenkette

AO § 172 Abs. 1 Nr. 2a; FGO § 47 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

1985, 1986, 1987

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen VIII R 46/11)

BFH (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen VIII R 46/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit von Änderungsbescheiden bzw. die Ablehnung von Änderungsanträgen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 streitig.

Der Kläger lebte bis zur Trennung von seiner damaligen Ehefrau, Frau

E, im Jahre 1990 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Noch im Jahre 1990 verzog er nach G. Bei dem Kläger fand in der Zeit ab 1990 eine Steuerfahndungsprüfung statt, die auch die hier maßgebenden Veranlagungszeiträume 1985 und 1987 mit umfasste. Für 1985 wurde insbesondere eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt. Zum Ergebnis der Prüfung und wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Berichts der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt R vom 6.2.1992 verwiesen.

Der Beklagte erließ bereits während der laufenden Prüfung den Änderungsbescheid vom 15.2.1991 wegen Einkommensteuer 1985, gegen den der Kläger mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 14.3.1991 Einspruch einlegte. Nach Abschluss der Prüfung wertete der Beklagte den Prüfungsbericht vom 6.2.1992 zeitnah aus und erließ am 13.5.1992 einen weiteren Änderungsbescheid hinsichtlich des Streitjahres 1985, mit dem er zugleich den bis dahin bestehenden Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.

Für den Veranlagungszeitraum 1987 erging ebenfalls am 13.5.1992 ein Änderungsbescheid, mit dem die festgesetzte Einkommensteuer von …, DM auf …, DM erhöht wurde. Der dagegen eingelegte Einspruch ist am 17.5.1992 eingegangen.

Das aktuell für den Steuerfall des Klägers zuständige Finanzamt G stellte mit Schreiben vom 30.10.2003, gerichtet an den Beklagten, fest, dass in dem durch die Finanzkasse übernommenen Kontoauszug Aufzeichnungen über gewährte Aussetzungen der Vollziehung u.a. wegen Einkommensteuer 1985 bis 1988 vorhanden seien. Entsprechende Rechtsbehelfsvorgänge bzw. Verfügungen über gewährte Aussetzungen der Vollziehung seien jedoch nicht mit abgegeben. Ein am 13.5.2004 von dem Sachbearbeiter beim Finanzamt G gefertigter Vermerk hat folgenden Inhalt:

„Aus technischen Gründen ist nur eine Gesamtabgabe möglich. Bitte die Jahre ab 1996 (ESt) nicht übernehmen, die Kontoauszüge werden hier anschließend wieder aufgenommen.” Auf demselben Aktenblatt befindet sich unter dem Datum 15. Nov. 2004 der Vermerk in orangem Prüfstift: „o.K. – erl” und ein Namenszeichen. In einer Übernahmebestätigung der Finanzkasse des Beklagten wurden die Übernahmedaten am 25.11 2004 in das Speicherkonto eingestellt.

Nach Klärung von Zuständigkeitsfragen setzte der Beklagte die Bearbeitung der offenen Einsprüche im Juli 2005 fort. Im weiteren Verlauf des Verfahrens erging am 9.6.2006 ein weiterer Änderungsbescheid wegen Einkommensteuer 1985. Der Beklagte hielt an der Erfassung der von der Steuerfahndung angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung nicht mehr fest, was zu einer Herabsetzung der Einkommensteuer 1985 führte.

Diese Änderung führte nicht zur vollständigen Erledigung des Einspruchsverfahrens, so dass der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9.2.2007 u.a. über die gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für 1985 und 1987 gerichteten Einsprüche entschied. Er wies diese als unbegründet zurück. Die Entscheidung vom 9.2.2007 wurde dem damaligen Bevollmächtigten für den Kläger und der Frau E, dem Steuerberater M (nachfolgend M.), bekannt gegeben. Die Aufgabe dieser Entscheidung zur Post erfolgte ebenfalls am 9.2.2007.

Nachdem die Einspruchsentscheidung vom 9.2.2007 ergangen war, entwickelte sich zwischen den Beteiligten ein reger Schriftverkehr. M. wandte sich mit Schreiben vom 1.3.2007 an den Beklagten, in dem sie zum Ausdruck brachte, im Auftrag von Frau E tätig zu werden. Diese habe noch einige Punkte berücksichtigt und geklärt haben wollen, ohne dazu den Klageweg zu beschreiten. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens vom 1.3.2007 wird Bezug genommen. Mit Schreiben ebenfalls vom 1.3.2007 stellte Frau E persön...

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