Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzung der degressiven Abschreibung bei Nutzungsänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer Umwidmung von fremden Wohnzwecken zu fremdbetriebliche Zwecken wird die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG weitergeführt.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 3a, Abs. 5a, 4; EStR Abschn. 44 Abs. 8 S. 1 Nr. 3

 

Streitjahr(e)

1996

 

Tatbestand

Der Kläger, der von der beklagten Behörde (dem Finanzamt) zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wird, erwarb in 1994 eine in diesem Jahr fertig gestellte Eigentumswohnung (Objekt A), die er ab Bezugsfertigkeit bis zum 30.4.1996 zu Wohnzwecken, ab dem 1.5.1996 zu fremdgewerblichen Zwecken vermietete. Die Anschaffungskosten für dieses Objekt betrugen 456.441 DM.

Das Finanzamt gewährte dem Kläger im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Veranlagungszeiträume 1994 und 1995 erklärungsgemäß degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 i.V. mit Abs. 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 7 v.H. der Anschaffungskosten.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 begehrte der Kläger für das vermietete Objekt ebenfalls degressive AfA in Höhe von 31.951 DM (= 7 v.H. von 456.441 DM). Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber bei Durchführung der Veranlagung (Einkommensteuerbescheid vom 1.9.1997) unter Hinweis auf R 44 Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 zweite Alt. der Einkommensteuerrichtlinien 1996 (EStR 1996) für den Zeitraum 1.1.-30.4.1996 degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3a i.V. mit Abs. 5a EStG (7 v.H. von 456.441 DM für 4 Monate = 10.650 DM) und für den Rest des Jahres lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG (2 v.H. von 456.441 DM für 8 Monate = 6.086 DM), insgesamt also 16.736 DM.

Nachdem der vom Kläger eingelegte Einspruch keinen Erfolg hatte (Einspruchsentscheidung vom 27.1.1999), beantragt der Kläger im vorliegenden Verfahren, die AfA ab dem Zeitpunkt der Vermietung für fremdbetriebliche Zwecke gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.V. mit Abs. 5a 2 EStG mit 5 v.H. anzusetzen. Hierzu vertritt er die Auffassung, dass ein vermietetes Objekt nach einer Nutzungsänderung von fremden Wohnzwecken zu fremdbetrieblichen Zwecken nach dieser Vorschrift weiterhin degressiv abgeschrieben werden könne. Es entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, den Erwerber eines Neubaus aufgrund einer bloßen Nutzungsänderung von der erhöhten Förderung des § 7 Abs. 5 EStG auszuschließen.

Das Finanzamt hat den angefochtenen Bescheid im Verlaufe des Klageverfahrens durch Bescheid vom 12.2.1999 geändert. Der Kläger hat innerhalb der Monatsfrist des § 68 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 1.9.1997

in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.2.1999 die Einkommensteuer für 1996 auf…DM (=…EUR) herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Rechtfertigung seiner Auffassung auf die verbindliche Verwaltungsanweisung in R 44 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 zweite Alt. EStR 1996.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die vom Finanzamt für den Kläger und seine Ehefrau geführten Einkommensteuerakten des Streitjahres haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand des Verfahrens.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt hat zu Unrecht die Berücksichtigung der vom Kläger beantragten degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 EStG) abgelehnt. Die Auffassung des Beklagten, aufgrund der Nutzungsänderung sei ab dem 1.5.1996 zwingend ein Methodenwechsel von der degressiven zur linearen AfA vorzunehmen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Für Gebäude, bei denen es sich nicht um ein Wirtschaftsgebäude i.S. des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG handelt, sieht das Gesetz - bezogen auf die im Streitfall gegebenen zeitlichen Verhältnisse - folgende Abschreibungsmöglichkeiten vor:

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG sind bei Gebäuden, die nach dem 31.12.1924 fertig gestellt worden sind, abweichend von § 7 Abs. 1 EStG jährlich 2 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als AfA (bis zur vollen Absetzung) abzuziehen.

Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3a EStG kann der Steuerpflichtige bei Wohnzwecken dienenden Gebäuden, die auf Grund eines nach dem 28.2.1989 und vor dem 1.1.1996 gestellten Bauantrags hergestellt oder nach dem 28.2.1989 auf Grund eines nach dem 28.2.1989 und vor dem 1.1.1996 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages angeschafft worden sind, im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden drei Jahren jeweils 7 v.H. der Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 5 v.H., in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 2 v.H., in den darauf folgenden Jahren jewe...

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