rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Datenzugriff auf die Identitäten der Kunden im Rahmen einer Kapitalertragsteuerprüfung eines Kreditinstituts

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist der Zugriff auf Kundendaten im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einer Bank bereits erfolgt, besteht bei Großbetrieben ein Forstsetzungsfeststellungsinteresse für eine Klage bereits aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung im Rahmen von Folgeprüfungen.
  2. Hinsichtlich der streitigen authentischen Namens-, Anschriften- und Geburtsdaten der Kunden einer Bank besteht eine gesetzliche Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht, weil sich die Bank nach § 154 Abs. 2 AO über die Identität ihrer Kunden vergewissern muss und die entsprechenden Informationen „auf dem Konto” (§ 147 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 AO) festzuhalten hat und weil die persönlichen Daten der Kunden in Verbindung mit dem jeweiligen Geschäftsvorfall für dessen Verständnis i.S.d. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO unverzichtbar ist.
  3. Die vom Finanzamt beabsichtigte Verprobung und Verknüpfungen im Rahmen einer sachlichen Prüfung des zutreffenden Quellensteuereinbehalts zu Lasten wie zu Gunsten der Steuerschuldner im Sinne des § 199 Abs. 1 AO i.V.m. § 50b EStG rechtfertigt das Anliegen zur Offenlegung der Kundenidentitäten um sich Gewissheit über die Echtheit der Daten zu verschaffen.
  4. § 30a AO wird als lex generalis durch die in § 50b EStG niedergelegte Prüfungsbefugnis (lex spezialis), die einen Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO einschließt, spezialgesetzlich verdrängt.
 

Normenkette

AO § 147 Abs. 6, § 30a; EStG § 50b

 

Streitjahr(e)

2010

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den zulässigen Umfang einer Aufforderung zur Ermöglichung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO im Rahmen der Prüfung der Kapitalertragsteuer. Die Klägerin ist eine Sparkasse. Durch Prüfungsanordnung vom 13.02.2012 ordnete der Beklagte (das Finanzamt, im Folgenden: ,FA') bei dieser nach § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 50b EStG für die Zeiträume Januar bis Dezember 2010 eine steuerliche Außenprüfung betreffend Kapitalerträge mit Steuerabzug i.S.d. § 43 EStG, Bemessung der Kapitalertragsteuer i.S.d. § 43a EStG, Entrichtung der Kapitalertragsteuer i.S.d. § 44 EStG und Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug i.S.d. § 44a EStG an. Weitere schriftliche Erläuterungen hierzu, insbesondere zu den Modalitäten des vom FA beabsichtigten unmittelbaren Zugriffs auf die von der Klägerin elektronisch gespeicherten Daten zu den Konten und Depots ihrer Kunden lagen der Prüfungsanordnung nicht (mehr) bei. Insbesondere lag der Anordnung vom 13.02.2012 nicht die für solche Fälle vorgesehene standardisierte Erläuterung der für den sog. Z1- und Z3-Datenzugriff aufzubereitenden Daten bei (vgl. den Schriftsatz, Bl. ff. der Klageakte, sowie die insoweit fehlende Dokumentation im Fallheft Datenzugriff). Eine solche standardisierte Erläuterung hatte die Klägerin jedoch bei Gelegenheit der Erweiterung der für den Zeitraum 2009 begonnenen Außenprüfung auf die Prüffelder der Kapitalertragsteuer nach § 50b EStG durch Prüfungsanordnung des Finanzamts FA B vom 22.12.2011 erhalten, worauf wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. der Klageakte, als Verfügung mit Anlage abgelegt in dem mit Blattzahlen nicht versehenen Fallheft Datenzugriff des Finanzamts FA B). Den Bitten des FA kam die Klägerin insoweit nach, als es die thematisierten Konto- und Depotdaten zur elektronischen Prüfung für 2010 bereitstellte, dabei jedoch diejenigen Daten unkenntlich machte (Namen und Anschriften) bzw. veränderte (Geburtsdaten), die auf die Identität ihrer legitimationsgeprüften Kunden schließen ließen, da die Klägerin der Meinung war, gegenüber dem FA zur „Offenlegung” dieser Informationen nicht berechtigt und nicht verpflichtet zu sein. Die mit der Prüfung befasste Bedienstete des FA bemerkte dies im Zuge eines Fehlers bei der Anmeldung zum klägerischen System am 23.02.2012. Dadurch wurde auch ersichtlich, dass die Klägerin keinen Lesezugriff auf das originäre Echtsystem, sondern lediglich eine gespiegelte Version in einer Testlandschaft zur Verfügung gestellt hatte, in der die Anonymisierungsmaßnahmen ergriffen worden waren (Vermerk vom 12, Bl. des Fallheftes Datenzugriff). Hierauf wies das FA die Klägerin in verschiedenen Besprechungen zwischen der Klägerin und den Vertretern des FA unter Einbeziehung von Vertretern des mit der Prüfung des Jahres 2009 befassten Finanzamtes FA B und Vertretern des ebenfalls mit Prüfungshandlungen befassten Bundeszentralamtes für Steuern hin (vgl. die Besprechungsvermerke vom und , abgelegt im Fallheft Datenzugriff des Finanzamts FA B). Unter Berufung auf ein der Klägerin im Rahmen der Besprechung vom 08.03.2012 ausgehändigtes BMF-Schreiben vom 17.10.2006 (Kopie Bl. ff. des Fallheftes Datenzugriff) vertraten das FA und die übrigen Teilnehmer der Steuerbehörden gegenüber der Klägerin dabei die Rechtsauffassung, dass die Ausblendung einzelner Ordnungsmerkmale der Kunden insbesondere unter Berufung auf § 30a AO nicht zulässig sei, ein Vorlag...

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