vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 17/23)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Masseverbindlichkeiten bei Zahlung des Drittschuldners in Unkenntnis des Insolvenzeröffnungsverfahrens auf das für den vorläufigen Insolvenzverwalter zugängliche Schuldnerkonto

 

Leitsatz (redaktionell)

Entrichtet der Drittschuldner das Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung in Unkenntnis des Insolvenzeröffnungsverfahrens auf ein Schuldnerkonto, auf das der vorläufige Insolvenzverwalter auf Grund seiner insolvenzrechtlichen Befugnisse zugreifen könnte, ist dies gleichwohl keine Vereinnahmung durch den Insolvenzverwalter und die Umsatzsteuerschuld für die Leistung daher auch keine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 4 UStG.

 

Normenkette

InsO § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 1 S. 3, § 24 Abs. 1, § 55 Abs. 4, § 80 Abs. 2, § 82

 

Streitjahr(e)

2016

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im 2. Rechtsgang darüber, ob es sich bei den durch Zahlungseingänge auf dem Konto eines Insolvenzschuldners entstandenen Umsatzsteuerverbindlichkeiten um Masseverbindlichkeiten handelt.

Nachdem am … beantragt worden war, das Insolvenzverfahren über das Vermögen von Herrn A zu eröffnen, wurde zunächst Herr Rechtsanwalt B mit Beschluss vom … (Az. …) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. In diesem Beschluss wurde u.a. angeordnet, dass Verfügungen des Insolvenzschuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Außerdem wurde dieser ermächtigt, Forderungen auf ein Treuhandkonto einzuziehen. Gemäß § 22 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) sollte der Kläger das Unternehmen, das der Insolvenzschuldner betreibt, bis zu Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzschuldner fortführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden. Wegen weiterer Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 7 f. der Verfahrensakten verwiesen.

Ausweislich eines Ausdrucks aus dem Online-Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de vom … war die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit den übrigen vorgenannten Anordnungen spätestens zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 340 der Verfahrensakten verwiesen.

Herr B zeigte dem Insolvenzgericht gegenüber eine Interessenkollision an, worauf dieses mit Beschluss vom … den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte und dabei auf die Anordnungen im Beschluss vom … Bezug nahm.

Der Insolvenzschuldner, Herr A, war als C u.a. für die D in E tätig. Er verfügte über ein Girokonto (IBAN …). Auf diesem Konto wurde am … eine Überweisung in Höhe von … € und wurden am … Überweisungen in Höhe von … €, … € sowie … € gutgeschrieben. Auftraggeber der Überweisungen war jeweils die D. Wegen Einzelheiten hierzu wird auf die betreffenden Kontoauszüge (Bl. 28, 30, 31 der Verfahrensakte) verwiesen, nach denen es sich dem angegeben Verwendungszwecke nach um die Überweisungen betreffend die Rechnungen Nr. …, …, … und … handelte. Bezüglich der Rechnungen, die Herr A der D gestellt hatte, wird auf Bl. 94 bis 102 der Verfahrensakten verwiesen.

Den Beschluss über die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung vom …, in dem Herr Rechtsanwalt B zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt worden war, übermittelte der Kläger der Bank am … um 8.53 Uhr per Fax (Bl. 34 der Verfahrensakten). Dem entsprechend wies der Kontoauszug der Bank vom selben Tag als Adressaten den Insolvenzschuldner „z.Hd. RA B” aus (Bl. 28 der Verfahrensakten), wohingegen noch der Auszug vom … allein an den Schuldner adressiert war (Bl. 20 der Verfahrensakten).

In einem Schreiben der Bank vom … teilte diese Herr Rechtsanwalt B mit, dass dieser „einer amtlichen Mitteilung zufolge” zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden sei, dass das Konto Nr. … daher zunächst für alle Lastschriften gesperrt worden sei und dass der Kontoinhaber das Verfügungsrecht nur noch mit seiner Zustimmung wahrnehmen könne. Noch am … hatte der Schuldner allerdings … EUR in bar von seinem Konto abgehoben und war das Konto mit einer Lohnforderung von … EUR belastet worden (Bl. 330 der Verfahrensakten).

Ebenfalls am … und ausweislich des Sendeberichts um 13.32 Uhr setzte der Kläger die D per Telefax darüber in Kenntnis, dass er zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden sei und mit schuldbefreiender Wirkung nur noch an ihn gezahlt werden könne (Bl. 195 der Verfahrensakten). Nach dem vom Kläger geführten Kassenbuch überwies die D im Folgenden die ihr vom Insolvenzschuldner in den Rechnungen Nrn. … bis … ausgewiesenen Beträge am … auf das Insolvenzanderkonto (Bl. 211 d. Verfahrensakten).

Mit Vollmacht vom … gestattete der Kläger dem Insolvenzschuldner – noch in Unkenntnis von dessen Barabhebung am … – die Entnahme von … EUR vom Bankkonto zur Sicherung von dessen Unterhalt. Hiervon hat der Schuldner keinen Gebrauch gemacht.

Vom … datiert das vom Kläger erstellte Insolvenzgutachten...

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