rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerhinterziehung bei Nichterklären von wiederangelegten Zinsen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Verzicht auf die Auszahlung von Zinsen zu Gunsten einer Wiederanlage liegt eine Novation vor, die zu einem Zufluss der Renditen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG führt.

2. Die Zahlungsfähigkeit einer Kapitalanlagegesellschaft erfordert nicht, dass alle fällig werdenden gekündigten Kapitalanlagen auf einmal ausgezahlt werden können, wenn bei verständiger Würdigung der Sachlage nicht damit zu rechnen ist, dass alle Anleger innerhalb eines kurzen Zeitraums die Auszahlung ihrer Kapitalanlagen fordern.

3. Die Nichtauszahlung von Zinsen zu Gunsten einer Schuldumschaffung stellt auch nach der „Parallelwertung in der Laiensphäre” steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, deren Nichterklärung den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; AO § 370; EStG § 11 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997

 

Tatbestand

Strittig ist, ob der Antragsteller durch Nichterklärung von Einnahmen aus Kapitalvermögen Steuerhinterziehung begangen hat und deshalb die Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1997 noch geändert werden durften.

Der – steuerlich beratene – Antragsteller betrieb in den Streitjahren eine Pizzeria, aus der er Einkünfte aus Gewerbetrieb erzielte. In seiner Einkommensteuererklärung 1992 vom 19.04.1994 gab er in der Anlage KSO hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen an: „unter 1.400,-DM” und in den Steuererklärungen 1993 bis 1997 kreuzte er jeweils an: „Die Einnahmen aus Kapitalvermögen betragen nicht mehr als 6.100,-- DM, bei Zusammenveranlagung 12.200,-- DM”.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen Herren A und B als Verantwortliche der Firma C Ltd. sagte der – am 26.11.2001 als Zeuge vernommene – Antragsteller bei der Kriminalpolizei u.a. aus, dass er am 15.01.1994 einen Betrag von 150.000,- DM bei der Firma C angelegt habe. Das Geld habe er dem Herrn A am 15.1.1994 in bar übergeben. Für die Kapitalanlage seien ihm zwischen 15% und 20% Zinsen zugesagt worden. Außerdem habe ihm Herr A versprochen, dass die Kapitalanlage eine sichere Sache sei und er mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist wieder an das Geld kommen könne. Er habe zunächst alle drei Monate, später alle vier Monate Kontoauszüge erhalten. Der letzte Auszug stamme vom 31.08.1999 und weise ein Guthaben über 194.603,12 US-Dollar aus. In 1999 habe er vergeblich versucht, von seiner Anlage 20.000 US-Dollar zu bekommen. Während der Laufzeit habe er keinen Pfennig zurückbekommen.

Auf der Grundlage eines Verfahrens zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach § 208 Abs. 1 Nr. 2 AO forderte die Steuerfahndung des FA den Antragsteller mehrfach auf, die Herkunft des Anlagebetrages mitzuteilen, Erträgnisaufstellungen/Zinsbescheinigungen vorzulegen und den (ausweislich des Strafurteils des LG vom 18.12.2002 gegen Herrn A) von der Firma C Ltd. erhaltenen Scheck über 5.000 DM als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erklären. Als der Antragsteller dem nicht nachkam, forderte und erhielt die Steuerfahndung von der Sparkasse sowie von der Bank die entsprechenden Auskünfte und beendete die Fahndungsprüfung mit dem Bericht vom 11.06.2003. Danach seien die buchmäßig gutgeschriebenen und wiederangelegten „Renditen” entweder als Einnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG oder im Jahr der Gutschrift und Wiederanlage der „Vergütungen” (Novation) als Kapitaleinnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in folgender Höhe zu erfassen: 28.462,-- DM (1994), 35.335,-- DM (1995), 42.331,-- DM (1996) und 50.713,-- DM (1997); auf den tatsächlichen Geldzufluss komme es nicht an. Nach der als Anlage beigefügten „Auswertung der Erträgnisaufstellungen und Saldenbestätigungen” seien darüber hinaus 10.615,00 DM in 1992 und 9.760,00 DM in 1993 als Erträge anzusetzen, weil davon auszugehen sei, dass der Antragsteller die am 15.01.1994 dem Herrn A übergebenen 150.000 DM in 1992 und 1993 angelegt und hieraus Kapitalerträge in der geschätzten Höhe erzielt habe (Bl. 22 Band Einkommensteuerakten 1997). Weiterhin habe der Antragsteller aus Zinsgutschriften bei diversen Konten der Sparkasse bzw. der Bank folgende Erträge erzielt: 11.000,00 DM (1992), 11.447,00 DM (1993), 10.282,-- DM (1994), 10.010,00 DM (1995), 8.792,-- DM (1996) und 7.353,-- DM (1997).

Das FA folgte den Feststellungen der Steuerfahndung und erließ unter dem 4.7.2003 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1997. Dagegen legte der Antragsteller am 1.8.2003 Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung, die das FA mit Verfügung vom 5.8.2003 – befristet bis 1 Monat nach Bekanntgabe der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung – gewährte.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens übersandte das FA den steuerlichen Bevollmächtigten des Antragstellers eine Zusammenstellung der Kontostände mit den Zinsen für die einzelne Jahre nebst einer Stellungnahme der Steuerfahndung ...

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