rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Wertzuwachses bei privaten Grundstücksveräußerungen innerhalb der Spekulationsfrist bis zur Verkündung des Entlastungsgesetzes am 31.3.1999

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Es bestehen ernstliche Zweifel, ob die Ermittlung des Wertzuwachses zur Aufteilung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns aus einem privaten Grundstücksverkauf innerhalb der Spekulationsfrist gem. §§ 23 Abs. 1 EStG i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG nach der so genannten linearen Methode rechtmäßig ist.
  2. Die in dem BMF-Schreiben vom 20. 12. 2010 IV C 1-S 2256/07/10001:006, 2010/1015920, BStBl I 2011,14 anzuwendende sog. lineare Methode zur Ermittlung des nicht steuerbaren Wertzuwachses führt zu einer unzulässigen Umkehrung der Beweisführungspflicht und Feststellungslast für den erzielten Veräußerungsgewinn.
 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; BewG § 9 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2003

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.07.2012; Aktenzeichen IX B 64/12)

BFH (Beschluss vom 12.07.2012; Aktenzeichen IX B 64/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, in welcher Höhe der Veräußerungsgewinn eines vom Antragsteller im September 1995 erworbenen und im Februar 2003 veräußerten Grundstückes bei der Einkommensteuer für 2003 zu berücksichtigen ist.

Der Antragsteller erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb als … sowie aus Vermietung und Verpachtung. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte er unter anderem einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von … EUR. Der Gewinn resultierte aus der Veräußerung des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes „ … „ in … . Dieses Grundstück hatte der Kläger mit notariellem Kaufvertrag vom ...9.1995 von seinen Eltern zu einem Kaufpreis in Höhe von … EUR (… DM) erworben und mit notariellem Kaufvertrag vom ...2.2003 zu einem Kaufpreis von … EUR veräußert. Aus der Vermietung des Grundstückes erzielte er ab Oktober 1995 bis Januar 2003 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigte der Kläger neben den Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten, dem Veräußerungspreis sowie ihm entstandenen Kosten im Zusammenhang mit der Veräußerung die bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Grundstückes getätigten linearen Absetzungen für Abnutzung für den Zeitraum von Oktober 1995 bis Januar 2003.

Der Antragsgegner setzte mit Bescheid vom 12.4.2005 die Einkommensteuer für das Streitjahr in Höhe von … EUR fest. Nach Abzug eines Zinsabschlags in Höhe von … EUR verblieb eine Zahllast in Höhe von … EUR.

Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid am 28.4.2005 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung in voller Höhe. Der Einspruch richtete sich gegen die Berücksichtigung des Gewinns aus der Veräußerung des Grundstückes. Dieser dürfe nicht mehr der Einkommensteuer unterworfen werden, weil die vor dem 1.1.1999 geltende zweijährige Spekulationsfrist zum 31.12.1998 bereits abgelaufen gewesen sei.

Im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang seinerzeit vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig gewesene Vorlage des BFH – Az. 2 BvL 2/04 – beantragte der Antragsteller das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht.

Der Antragsgegner setzte mit Verfügung vom 3.5.2005 die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides in voller Höhe aus. Mit auf den 24.6.2005 datierenden Bescheid setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer unter Berücksichtigung je eines halben Kinderfreibetrages für … Kinder auf … EUR herab. Mit Verfügung vom 20.6.2005 setzte er die Vollziehung des geänderten Einkommensteuerbescheides ebenfalls in voller Höhe aus.

Das Bundesverfassungsgericht entschied in seinem Beschluss vom 7.7.2010 u.a. in dem oben genannten Verfahren, dass zwar die Verlängerung der Spekulationsfrist von 2 auf 10 Jahre durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 als solche verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, jedoch die Vorschrift des

§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 39 S. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 nichtig sei, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst würden, die bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes am 31.3.1999 entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Verkündung steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können (2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04,

2 BvL 13/052 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1-31).

Das Bundesministerium der Finanzen erließ in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder in einem Schreiben vom 20.12.2010 (IV C 1-S 2256/07/10001:006, 2010/1015920, BStBl I 2011, 14) Verwaltungsanweisungen zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:

In den Fällen, in denen die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auf der Grundlage eines nach dem 31.3.1999 rechtswirksam abgeschlossenen Vertrages oder gleichstehenden Rechtsaktes...

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