vorläufig nicht rechtskräftig

Beschwerde eingelegt [BFH: I B 37/11]

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Rückfallklausel bei der Freistellung von Einkünften nach dem Doppelbesteuerungsabkommen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bezieht ein italienischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland eine italienische Sozialversicherungsrente für die nach deutschem DBA-Verständnis Italien gemäß Art. 19 Abs. 4 DBA Italien das ausschließliche Besteuerungsrecht zusteht, unterliegen die Einkünfte aufgrund der so genannten Rückfallklausel gleichwohl der deutschen Besteuerung, wenn nach italienischen Besteuerungsregeln wegen anderer Eingruppierung der Einkünfte die italienische Besteuerung nicht eingreift.
  2. Die Rückfallklausel gilt auch dann, wenn bereits in einer Zuweisungsnorm des Doppelbesteuerungsabkommens (hier: Art. 19 Abs. 4 DBA Italien) eine Freistellung erfolgt ist.
 

Normenkette

DBA Italien Art. 19 Abs. 4, Art. 23 Abs. 3, Art. 24 Abs. 3; DBA Italien Prot. Abschn. 16

 

Streitjahr(e)

2009

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.07.2011; Aktenzeichen I B 37/11)

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die steuerliche Erfassung einer Sozialversicherungsrente aus Italien.

Der Antragsteller ist italienischer Staatsangehöriger mit ständigem Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 01.03.1991 ist er Rentenempfänger. Er bezieht eine Firmenrente seines ehemaligen Arbeitgebers, der italienischen X, und eine Rente aus der italienischen Sozialversicherung des Rententrägers Istituto Nazionale delle Previdenza Sociale (INPS). Die steuerrechtliche Erfassung der Firmenrente ist unstreitig. Die Rente des INPS wird in Italien nicht besteuert.

Für das Streitjahr 2009 erklärte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung beide Renten, die Rente der X mit 16.002 € und die Rente des INPS mit 60.052 €. Für die Rente des INPS machte der Kläger Steuerfreiheit nach Art. 19 Abs. 4 DBA Italien ohne Progressionsvorbehalt geltend. Abweichend von den Vorjahren behandelte der Antragsgegner die Rente des INPS als in der Bundesrepublik Deutschland voll zu versteuernde Rente und setzte 50 % als steuerpflichtigen Teil der Rente bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte an. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid 2009 erging am 14.10.2010. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 21.10.2010 Einspruch ein, soweit bei der Besteuerung die Rente des INPS berücksichtigt wurde. Der Einspruch wurde bisher noch nicht beschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 12.11.2010 abgelehnt. Am 23.11.2010 zahlte der Antragsteller die offenen Steuerbeträge auf den Einkommensteuerbescheid 2009 und legte am 10.12.2010 ergänzend Einspruch gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung ein. Die Beteiligten blieben im weiteren Einspruchsverfahren bei ihren unterschiedlichen Rechtsstandpunkten.

Mit Schreiben vom 24.01.2011 begehrt der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz durch das Gericht. Er beantragte Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Einkommensteuerbescheids 2009, soweit bei der Veranlagung die Rente des INPS berücksichtigt wurde.

Nach Auffassung des Antragstellers bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Einkommensteuerbescheids. Der Antragsgegner habe die Rente des INPS zu Unrecht berücksichtigt. Die italienische Sozialversicherungsrente sei nach deutschem Rechtsverständnis gemäß Art. 19 Abs. 4 DBA Italien in Deutschland steuerfrei gestellt und falle nicht unter Art. 18 DBA Italien, wie es (offenbar) der Antragsgegner sehe. Nur Italien als Quellenstaat dürfe diese Rente versteuern. Dass nach italienischem Rechtsverständnis diese Rente nicht zu versteuern sei, sei unerheblich. Das Besteuerungsrecht sei auch nicht gemäß Art. 24 Abs. 3 DBA Italien i.V.m. Abschnitt 16 Buchst. d des Protokolls vom 18.02.1989 zum DBA Italien 1989 (Protokoll) an die Bundesrepublik Deutschland zurückgefallen, auch wenn die Rente in Italien effektiv nicht besteuert worden sei. Abschnitt 16 Buchst. d Protokoll beziehe sich nur auf Art. 24 Abs. 3 Buchst. a DBA Italien, nicht auf Art. 19 Abs. 4 DBA Italien, also nicht auf Steuerfreistellungen, die bereits in Verteilungsnormen des DBA vorgesehen seien. Diese Auffassung werde auch durch das Urteil des BFH vom 17.12.2003 - I R 14/02, BStBl II 2004, 260, bestätigt. Aus diesem Grund scheide auch die Anwendung des Progressionsvorbehalts nach deutschem Recht, auch nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), aus. Andernfalls wären die DBA-Regelungen zum Progressionsvorbehalt überflüssig.

Auch der Verweis des Antragsgegners auf § 50d Abs. 9 EStG sei unzutreffend. Italien mache von dem ihm zustehenden Besteuerungsrecht keinen Gebrauch. Ein solcher Sachverhalt sei aber von § 50d Abs. 9 EStG nicht erfasst wie das BFH-Urteil vom 05.03.2008 - I R 54,55/07, BFH/NV 2008, 1487 bestätige. Im Übrigen bestünden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des §...

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