Leitsatz

Der Käufer eines vermieteten Grundstücks kann als sog. Betriebsübernehmer i. S. d. § 75 AO für Umsatzsteuerschulden des Grundstücksverkäufers haften.

 

Sachverhalt

Eine nach spanischem Recht gegründete s.l. erwarb am 08.02.2006 in Deutschland ein vermietetes Grundstück. Der Kaufpreis wurde dadurch beglichen, dass eine (in identischer Höhe bestehende) Darlehens-Verbindlichkeit der Verkäuferin übernommen wurde. Das Mietverhältnis (bisher zwischen einer Ehegatten-Vermietungs-GbR und dem Ehemann als Einzelunternehmer) setzte die s.l. als Vermieter fort.

Aus der im Jahr 2006 von der GbR abgegebenen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 ergab sich letztendlich eine Umsatzsteuer-Nachzahlung. Nachdem die Vollstreckung der Umsatzsteuer bei der GbR erfolglos blieb, erließ das Finanzamt gegenüber der s.l. einen auf § 75 AO bzw. gegenüber den GbR-Gesellschaftern (den Ehegatten) einen auf §§ 421, 427 BGB gestützten Haftungsbescheid. Die Gesellschaft (spanische s.l.) setzte sich gegen den erhaltenen Haftungsbescheid zur Wehr. Dabei verwies sie u.a. darauf, dass die Voraussetzungen der Haftung als "Betriebsübernehmer" nach § 75 Abs. 1 S. 1 nicht vorlägen bzw. hilfsweise sich die Haftung nach § 75 Abs. 1 S. 2 AO auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränke. Dabei sei die übernommene Verbindlichkeit abzuziehen, so dass ich per Saldo kein "haftungsrelevantes" Vermögen ergebe.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides gegenüber der s.l. bejaht. Die s.l. haftet damit nach § 75 AO. Die Umsatzsteuer war, wie es § 75 AO verlangt, seit Beginn des vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres (= 01.01.2005) entstanden und vor Ablauf eines Jahres nach Anmeldung des Betriebs durch die s.l. (= 08.02.2007) festgesetzt worden. Die Festsetzung erfolgte im Ergebnis durch die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung durch die GbR.

Die Haftung setzt die Übereignung eines Unternehmens im Ganzen oder eines "in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs" voraus. Der Unternehmensbegriff ist dabei umsatzsteuerlich auszulegen. Damit fällt auch die reine Vermietung unter die Haftungsvorschrift, unabhängig davon ob der Käufer die Immobilie umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei vermietet. Dabei ist keine betriebliche Organisation erforderlich. Entsprechende Unterlagen, die die Fortführung der Vermietung ermöglichen, reichen aus.

Die übernommenen (auf der Immobilie lastenden) Verbindlichkeiten ändern nichts an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids. Die Gesellschaft durfte also nicht "saldieren".

 

Hinweis

Das Finanzamt darf zwar Haftungsbescheide nach § 75 AO gegenüber Käufern von vermieteten Grundstücken erlassen, auch dem Grundstückswert z. B. in voller Höhe eine Darlehens-Verbindlichkeit gegenübersteht. Sollte das Grundstück jedoch z. B. in voller Höhe mit einer Grundschuld belastet sein, kann das Finanzamt bei der anschließenden Zwangsvollstreckung aber im Ergebnis keinen Erfolg haben. In vielen Fällen wird es dann vernünftigerweise von einer Zwangsvollstreckung absehen. Das ein oder andere Finanzamt wird aber eine Zwangsvollstreckung als Druckmittel ins Feld führen. Der Grundstückskäufer kann die Zwangsvollstreckung nämlich durch Zahlung der Haftungsschuld abwenden. Hier ist Verhandlungsgeschick gefragt.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 05.08.2014, 11 K 654/09

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