Leitsatz

Gutachtenkosten, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von GmbH-Geschäftsanteilen anfallen, sind keine Werbungskosten, sondern Anschaffungsnebenkosten, wenn sie nach einer grundsätzlich gefassten Erwerbsentscheidung entstehen und die Erstellung des Gutachtens nicht lediglich eine Maßnahme zur Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung darstellt (Anschluss an Senatsurteil vom 20.4.2004, VIII R 4/02, BFH-PR 2004, 313, BStBl II 2004, 597).

 

Normenkette

§ 255 HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1999 als angestellter Diplom-Ingenieur tätig. Er plante zunächst, stattdessen entweder ein Ingenieurbüro zu eröffnen oder eine Beteiligung an einer Personen- bzw. Kapitalgesellschaft, ggf. gemeinsam mit einem Dritten, zu erwerben. Schließlich entschloss er sich im Juli des Jahres, bestimmte GmbH-Anteile zu erwerben.

Er gab bei einer Unternehmensberatung ein Gutachten zur Bewertung des Unternehmens in Auftrag (sog. "due diligence"), um – auch auf Veranlassung der zur Finanzierung zunächst eingeschalteten Bank – eine objektive Grundlage für die Verhandlungen über den Kaufpreis zu schaffen. Hierfür wurden dem Kläger 21.600 DM in Rechnung gestellt.

Mit seiner ESt-Erklärung machte der Kläger u.a. die Gutachtenkosten sowie Fahrt- und Bewirtungskosten i.H.v. 6.130 DM und 236,50 DM als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend. Im Jahr 2000 erwarb er schließlich die GmbH-Beteiligung.

Das beklagte FA behandelte die Beratungskosten sowie die damit in Zusammenhang stehenden Fahrt- und Bewirtungskosten als Anschaffungsnebenkosten.

Der BFH bestätigte das die Klage abweisende Urteil des FG.

 

Entscheidung

Der BFH führt seine im Urteil vom 27.3.2007, VIII R 4/02 dargestellte Rechtsprechung zur Abgrenzung von Werbungs- und Anschaffungsnebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen fort.

Danach sind Gutachtenkosten anlässlich der Anschaffung derartiger Anteile keine sofort abziehbaren Werbungskosten, sondern Anschaffungsnebenkosten, sofern sie nach einer zumindest im Grundsatz getroffenen Entscheidung zum Erwerb anfallen und die Erstellung des Gutachtens nicht lediglich eine Maßnahme zur Vorbereitung einer noch in diesem Zeitpunkt unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung darstellt.

Nach den vom FG in vertretbarer und deshalb für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Würdigung der Gesamtumstände war nicht von einer nur der Vorbereitung einer noch völlig unbestimmten und später vielleicht erst zu treffenden Erwerbsentscheidung auszugehen, wie dies z.B. bei einer reinen Marktstudie anzunehmen wäre.

Der Würdigung stehe auch nicht entgegen, dass das Gutachten für jegliche in die Finanzierung des Erwerbs eingeschaltete Bank angesichts eines Kaufpreises von rd. 10 bis 15 Mio. DM bedeutsam sein konnte.

 

Hinweis

1. Werbungskosten sind nach ständiger Rechtsprechung alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nichts anderes gilt für die Einkünfte aus Kapitalvermögen, und zwar unabhängig davon, ob sie mit Hilfe einer wesentlichen Beteiligung oder einer anderen Kapitalanlage erzielt werden (BFH, Urteil vom 20.4.2004, VIII R 4/02, BFH-PR 2004, 313).

2. Anschaffungskosten, einschließlich der Anschaffungsnebenkosten einer Vermögensanlage, gehören hingegen nicht zu den abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (BFH, Urteil vom 17.4.1997, VIII R 47/95, BStBl II 1998, 102). Zu den Anschaffungskosten gehört auch nicht allein der Kaufpreis im engeren Sinn, sondern alles, was der Erwerber aufwenden muss, um das Wirtschaftsgut zu erlangen, also auch die Nebenkosten und ggf. nachträgliche Anschaffungskosten.

3. Ob Aufwendungen als Anschaffungskosten zu beurteilen sind, bestimmt sich sowohl für die Gewinn- als auch für die Überschusseinkünfte nach § 255 HGB (BFH, Urteil vom 11.1.2005, IX R 15/03, BFH-PR 2005, 247).

4. Grundsätzlich sind Gutachtenkosten nach ständiger Rechtsprechung des BFH Nebenkosten des Erwerbs. Insoweit gilt nichts anderes als z.B. für typische Makler-, Beratungs-, Gutachter- oder Beurkundungskosten.

5. Diese von der Behandlung bei den Gewinneinkünften abweichende Beurteilung im Rahmen der Überschusseinkünfte beruht darauf, dass sowohl positive als auch negative Wertänderungen bei diesen außer Betracht bleiben und dieser die Einkunftsermittlung systematisch tragende Grundsatz nur im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über die AfA oder Substanzverringerung (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG sowie nach Maßgabe der Sonderregelungen in den §§ 17, 23 EStG und in § 21 UmwStG) durchbrochen wird.

6. Die damit verbundene Begrenzung des Besteuerungstatbestands schließt zwar den Abzug von Werbungskosten nicht schon dann aus, wenn die fraglichen Aufwendungen nicht ausschließlich zur Erzielung von Kapitalerträgen, sondern auch in der Erwartung von Wertsteigerungen der Kapitalanlage vorgenommen werden. Aus der Begrenzung folgt aber, dass Aufwendungen für den Erwerb...

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