Je nach der Person des Auftraggebers ist zu unterscheiden, ob der Steuerberater als Sachverständiger die Funktion

  • eines neutralen Gutachters,
  • eines Beraters oder
  • eines Vermittlers

ausfüllen soll.

Bei einer Beauftragung durch Gerichte, also in den Fällen, in denen die Vergütung sich nach dem JVEG richtet, kommt ausnahmslos die Funktion als neutraler Gutachter zum Tragen, der mit nachvollziehbarer Methodik ein von den individuellen Vorstellungen der betroffenen Parteien unabhängiges Ergebnis gutachterlich ermittelt, ohne zu Rechtsfragen Stellung nehmen zu dürfen.

Wird der Steuerberater von einem Mandanten beauftragt, richtet sich die Vergütung nach § 22 StBVV, §§ 612, 632 BGB oder nach freier Vereinbarung im Rahmen der Privatautonomie. Er wird dann regelmäßig als (einseitiger) Berater hinzugezogen, der einen subjektiven Entscheidungswert im Rahmen der individuellen Möglichkeiten und vorhandenen Ermessensspielräume ermittelt.

Wird der Steuerberater in einer Konfliktsituation als Vermittler herangezogen, wird er als neutraler Sachverständiger eingesetzt, wenn die Parteien ihn gemeinsam beauftragen und damit zur Neutralität verpflichten. Er wird dann unter Berücksichtigung der unterschiedlichen subjektiven Vorstellungen der Parteien einen Einigungswert vorschlagen, der den Interessen der Beteiligten gerecht wird bzw. den alle Beteiligten mittragen können.

Daran wird deutlich, dass sich bei gutachterlicher Beantwortung einer Fragestellung – insbesondere dann, wenn es um den Wert eines Vermögensgegenstands, etwa eines Unternehmens, oder die Höhe eines Geldbetrags, z. B. bei Feststellung eines Schadens, geht – kein exakter, allein gültiger Betrag feststellen lässt. Häufig wird sich ein Ergebnis nur im Rahmen einer Bandbreite ermitteln lassen. Ist der Steuerberater als einseitiger Berater oder als Vermittler tätig, kann er aus dieser Bandbreite den sinnvollen Wert im Einzelfall in Ansatz bringen. Ist er als neutraler Gutachter, insbesondere für Gerichte, tätig, wird er die Bandbreite darstellen, die das Gericht dann unter Anlegung prozessrechtlicher Maßstäbe und Kriterien würdigt und daraus seine Entscheidung ableitet.

 
Praxis-Beispiel

Darstellung einer Bandbreite

Der gerichtliche Auftrag geht dahin, den Wert eines Unternehmens festzustellen. Nach gutachterlicher Feststellung des prognostischen nachhaltig erzielbaren Ergebnisses i. H. v. 120.000 EUR und des Ergebnismultiplikators von 10,526 ergibt sich ein Ertragswert von 1.263.120 EUR. Zur Abfederung des Prognoserisikos wird der Ertragswert in Abhängigkeit variierender Ausgangsgrößen, wie etwa Vorsteuerergebnis und Kapitalisierungszinssatz, untersucht. Die Untersuchung ergibt ein realistisches Abweichungsintervall von +/- 10 %. Daraus wird dann die Bandbreite des Ertragswerts des untersuchten Unternehmens von 1.136.808 EUR bis 1.389.432 EUR ermittelt. Innerhalb dieser Bandbreite kann das Gericht unter Anwendung der ihm zivilprozessual zustehenden Befugnisse den maßgeblichen Unternehmenswert festlegen.

In den Fällen der Beauftragung durch Mandanten können sowohl Sach- als auch Rechtsfragen – in den Grenzen der dem Steuerberater erlaubten Rechtsberatung – beantwortet werden.

Damit geht die Verpflichtung des als Sachverständigen tätigen Steuerberaters einher, klar und eindeutig gleich bei Aufnahme der Tätigkeit festzulegen und zu kommunizieren, in welcher Eigenschaft er tätig ist.

Gleichgültig, wer Auftraggeber des Sachverständigengutachtens ist, hat der Steuerberater auf einen klaren und eindeutigen Gutachtensauftrag hinzuwirken. So hat er z. B. bei einem nach JVEG zu vergütenden Gutachtenauftrag darauf zu achten, dass ihm Rechtsausführungen untersagt sind. Ein Verstoß hiergegen schließt den Steuerberater von der Erstellung des Gutachtens wegen Befangenheit aus. Ggf. hat der auf eine Präzisierung der von ihm zu beantwortenden Beweisfrage durch das Gericht hinzuwirken. Er hat die durch den Auftraggeber vorzugebenden Anknüpfungstatsachen gem. der jeweiligen, für das beauftragende Gericht geltenden Prozessordnung bei Gerichten oder in sonstigen Fällen durch Präzisierung des Auftrags oder den gesetzlichen Vorschriften entsprechend klar und deutlich formulieren zu lassen.

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