Besonderheiten der Antragstellung

[Ohne Titel]

RD Dr. Christian Sterzinger[*]

§ 32d Abs. 6 EStG regelt die Wahlmöglichkeit des Steuerpflichtigen, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen – abweichend von § 32d Abs. 1 EStG – den allgemeinen einkommensteuerlichen Regelungen zur Ermittlung der tariflichen ESt zu unterwerfen. Diese Günstigerprüfung muss nicht bereits i.R.d. Abgabe der ESt-Erklärung beantragt werden. Der Antrag kann bis zur Unanfechtbarkeit des betreffenden ESt-Bescheides gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der AO oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist.

[*] Dr. Christian Sterzinger ist Referent im Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

I. Grundsatz der abgeltenden Besteuerung

Die ESt für Kapitalerträge nach § 20 EStG ist grundsätzlich durch die Erhebung der Kapitalertragsteuer (KapErtSt) abgegolten (§ 43 Abs. 5 S. 1 Halbs. 1 EStG). Dies ist seit dem VZ 2009 der gesetzliche Regelfall und eine Anrechnung der KapErtSt der Ausnahmefall. Für Einkünfte aus Kapitalvermögen gilt ein Steuersatz von 25 % in Form einer Definitivbesteuerung (§ 32d Abs. 1 EStG).

Hat hingegen kein KapErtSt-Abzug stattgefunden, müssen die jeweiligen Erträge in der Steuererklärung angegeben werden, damit die Steuerbelastung in Höhe der Abgeltungsteuer hergestellt werden kann (§ 32d Abs. 3 EStG).

II. Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge (§ 32d Abs. 4 EStG)

Der Antrag auf Günstigerprüfung ist vom Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge abzugrenzen.

Nach § 32d Abs. 4 EStG kann der Steuerpflichtige i.R.d. Veranlagung, insbesondere in den Fällen

  • eines nicht vollständig ausgeschöpften Sparer-Pauschbetrags,
  • einer Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 43a Abs. 2 S. 7 EStG,
  • eines noch nicht i.R.d. § 43a Abs. 3 EStG berücksichtigten Verlusts (Verrechnung von Verlusten bei Erträgen aus verschiedenen Quellen/verschiedenen Depots),
  • eines Verlustvortrags nach § 20 Abs. 6 EStG und
  • noch nicht berücksichtigter ausländischer Steuern

eine Überprüfung des Steuereinbehalts dem Grund oder der Höhe nach oder zur Anwendung von § 32d Abs. 1 S. 3 EStG (Steuerermäßigung im Fall der Kirchensteuerpflicht) beantragen.

Form des Antrags: Der Antrag ist durch das Ankreuzen des Feldes in der Zeile 5 der Anlage KAP zu stellen. In diesem Fall sind dann Angaben zu den nicht korrekt besteuerten Erträgen in den Zeilen 7-11 in der ersten Spalte erforderlich. Die korrigierten Beiträge kommen in die gleichen Zeilen, allerdings in die zweite Spalte. Außerdem sind der bisher in Anspruch genommene Sparer-Pauschbetrag und die bisher einbehaltenen Steuern anzugeben.

III. Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG)

Daneben kann der Steuerpflichtige nach § 32d Abs. 6 EStG die Günstigerprüfung beantragen. Ist der Steuersatz i.R.d. individuellen Veranlagungsverfahrens unter fiktiver Einbeziehung der Kapitaleinkünfte niedriger als 25 %, werden die Kapitaleinkünfte den anderen Einkünften des § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen ESt unterworfen.

Beraterhinweis Bei der Beurteilung, ob die Berücksichtigung in der Veranlagung tatsächlich zu einem günstigen Ergebnis führt, ist nicht nur auf die festgesetzte ESt, sondern auf die gesamte Steuerbelastung – einschließlich Zuschlagsteuern (z.B. Solidaritätszuschlag) – abzustellen.

Verfahrenstechnisch wird im Veranlagungsverfahren die einbehaltene KapErtSt auf die festzusetzende ESt angerechnet und hat im Regelfall eine ESt-Erstattung zur Folge.

Im Falle der Antragsveranlagung findet nach § 32d Abs. 6 S. 2 EStG eine Berücksichtigung anrechenbarer ausländischer Steuern im Rahmen einer Höchstbetragsberechnung (zusätzliche tarifliche ESt, die auf die hinzugerechneten Kapitaleinkünfte entfällt) nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG statt[1].

[1] BMF v. 18.1.2016 – IV C 1 - S 2252/08/10004: 017 – DOK 2015/0468306, EStB 2016, 97 (Apitz) = BStBl. I 2016, 85 Tz. 151.

1. Kein Abzug der tatsächlichen WK

Bei der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 S. 1 EStG kommt auch § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG zur Anwendung, so dass ein Abzug der tatsächlich entstandenen WK auch insoweit und ebenso wie im Abgeltungsverfahren nicht in Betracht kommt[2]. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 32d Abs. 6 S. 1 EStG, wonach "die nach § 20 EStG ermittelten Einkünfte" den Einkünften i.S.d. § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen ESt unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren ESt führt.

Verfassungsmäßigkeit: Sowohl § 32d Abs. 6 EStG als auch § 20 Abs. 9 EStG sind auch im Vergleich zu solchen Steuerpflichtigen, die kraft Gesetzes oder aufgrund eigenen Antrags nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1-4 EStG mit den dort geregelten Einkünften aus Kapitalvermögen aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen sind und nach § 32d Abs. 2 S. 2 EStG ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Abzug der tatsächlich entstandenen WK ermitteln können, verfassungsgemäß[3].

Die Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber mit den vorstehenden Ausnahmen vom Abgeltungsteuersatz "Mitnahmeeffekte" bzw. eine Überbesteuerung vermeiden will[4]. Beachten Sie: Im Gegensatz dazu hat ...

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