Die Beiziehung von Beratern zur Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich nur dann gestattet, wenn der Gesellschaftsvertrag sie zulässt oder aber wenn die Gesellschafterversammlung durch Mehrheitsbeschluss die Anwesenheit bzw. Teilnahme von Beratern gestattet.[1]

Fehlt eine Satzungsregelung oder ergeht ein abschlägiger Beschluss der Gesellschafterversammlung zum Antrag eines Gesellschafters auf Beiziehung eines Beraters, so muss dieser außen vor bleiben, selbst dann, wenn die Teilnahme vorher angekündigt wurde, aber erst recht, wenn der Berater ad hoc präsentiert wird. Aber auch hier folgt aus der sog. Treuepflicht, die die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme unter Gesellschaftern beinhaltet, in Ausnahmesituationen ein Anspruch auf Zulassung des Beraters. Im Wesentlichen lassen sich auch hier 2 Fallgruppen unterscheiden.

[1] OLG Stuttgart, Urteil v. 23.7.1993, 2 U 79/93, NJW-RR 1994, 167.

4.1 Konkreter Beratungsbedarf und Interesse der Gesellschaft

Einerseits geht es um essenzielle Entscheidungen für den Gesellschafter, wie z. B. den Entzug von mitgliedschaftlichen Rechten wie die Entziehung von Sonderrechten, die Abberufung eines Gesellschafters aus dem Amt des Geschäftsführers oder der Entzug des Geschäftsanteils. Hier wird also in den Kernbereich der Mitgliedschaft eingegriffen. Besteht aufgrund mangelnder Kompetenz des Gesellschafters ein dringender Beratungsbedarf, ist dem Gesellschafter grundsätzlich zu gestatten, einen Berater hinzuzuziehen.[1] Im obigen Beispiel soll G abberufen werden, außerdem geht es um Entscheidungen von erheblicher finanzieller Tragweite. Aus der Treuepflicht folgt daher, dass der Beistand, den G hinzuziehen möchte, an der Gesellschafterversammlung teilnehmen darf.

Darüber hinaus wird die Hinzuziehung eines Beraters befürwortet, wenn die persönlichen Verhältnisse des Gesellschafters, etwa seine im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern fehlende Sachkenntnis oder sein Gesundheitszustand nach einer Abwägung mit den Interessen der Mitgesellschafter und der Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine Hinzuziehung notwendig erscheinen lassen. In dem in Kap. 2 aufgeführten Beispiel werden für die Beurteilung der Investitionsentscheidung Fachkenntnisse, etwa des russischen Marktes, benötigt.

 
Praxis-Beispiel

Der 18-jährige Erbe

Der 18-jährige Erbe, der 60 % der Anteile hält, steht in der Gesellschafterversammlung einem ihm opponierenden Juristen gegenüber, der aufgrund seiner jahrelangen Geschäftsführertätigkeit in der Unternehmensgruppe in der Lage ist, in jeder Hinsicht seine Interessen zu vertreten. Der junge Anteilseigner darf sich hier der Unterstützung eines Beistands versichern, wenn er aufgrund der auf der Versammlung zu behandelnden Gegenstände einen dringenden Beratungsbedarf hat.

4.2 Gleichbehandlungsgrundsatz

Bei der Frage, ob die Hinzuziehung eines Beistands gestattet werden muss, ist auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Benötigen also Mitgesellschafter in der schwierigen Situation ebenfalls externen Rat, so muss ihnen diese Möglichkeit eingeräumt werden. Es kann nicht angehen, dass z. B. ein Mehrheitsgesellschafter mit seinen Stimmen erreicht, dass er selbst einen Berater hinzuziehen darf, während der Minderheitsgesellschafter, der möglicherweise ebenfalls einen dringenden Beratungsbedarf hat, seine Rechte allein wahrnehmen muss. Ob die Hinzuziehung eines Beraters zu gestatten ist, muss also für jeden Einzelfall beurteilt werden.

Wird trotz Anspruchs des Mitgesellschafters die Hinzuziehung verweigert, sind die Folgen höchstrichterlich noch nicht geklärt. Gefasste Gesellschafterbeschlüsse könnten anfechtbar sein und wären daher im Anschluss an eine Anfechtungsklage für nichtig zu erklären.

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