"Abweichend von der Wertermittlung nach den §§ 179 und 182 bis 196 BewG ist der niedrigere gemeine Wert (Verkehrswert/Marktwert) am Bewertungsstichtag festzustellen, wenn der Steuerpflichtige diesen nachweist (§ 198 BewG). Den Steuerpflichtigen trifft die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert und nicht eine bloße Darlegungslast. Mit der bloßen Vorlage von Auszügen aus der Kaufpreissammlung kann ein niedrigerer gemeiner Wert nicht nachgewiesen werden." (Rz. 1)

"Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann für die nach §§ 179 und 182 bis 196 BewG bewerteten wirtschaftlichen Einheiten geführt werden, wobei der Nachweis die jeweils gesamte wirtschaftliche Einheit umfassen muss. Bei Grundstücken im Zustand der Bebauung ist der Verkehrswertnachweis für die gesamte wirtschaftliche Einheit unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten zulässig." (Rz. 2)

1. Nachweislast (zu Rz. 1)

Den Steuerpflichtigen (Stpfl.) trifft die Nachweislast für den niedrigeren gemeinen Wert. Die Nachweislast geht über die reine Darlegungs- und Feststellungslast hinaus (u.a. BFH v. 10.11.2004 – II R 69/01, BStBl. II 2005, 259 = ErbStB 2005, 63 unter II.1.c] [Halaczinsky]).

Der Nachweis kann nicht dadurch geführt werden, dass der Stpfl. beantragt, das FG möge ein Sachverständigengutachten einholen (BFH v. 5.12.2019 – II R 9/18, BStBl. II 2021, 135 Rz. 13 m.w.N. = ErbStB 2020, 209 [Marfels]).

Macht der Stpfl. i.R.d. Einspruchsverfahrens geltend, der nach den Vorschriften des BewG typisiert ermittelte Grundbesitzwert sei zu hoch, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides erst mit Eingang eines Nachweises i.S.d. § 198 BewG. Das gilt selbst dann, wenn bereits vorher Anhaltspunkte für einen niedrigeren gemeinen Wert vorliegen (zum Sachverständigengutachten: BFH v. 12.1.2021 – II B 61/19, BFH/NV 2021, 529 LS und Rz. 23 = ErbStB 2021, 137 [Knittel]).

Die Auferlegung der Nachweislast auf den Stpfl. ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH v. 17.11.2021 – II R 26/20, BFH/NV 2022, 822 Rz. 21 m.w.N. = ErbStB 2022, 226 [Günther]).

2. Umfang des Nachweises (zu Rz. 2)

Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts muss für die wirtschaftliche Einheit als Ganzes geführt werden (u.a. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, 35. EL Stand: 9/2022, § 198 Rz. 3; FG Düsseldorf v. 3.9.2020 – 11 K 2359/19 BG, EFG 2022, 906 Rz. 18 = ErbStB 2022, 197 [Marfels]). Ein Nachweis für einzelne Bewertungsgrundlagen, z.B. den Bodenwert, die Bewirtschaftungskosten oder Liegenschaftszinssätze und Sachwertfaktoren, kommt – mit Ausnahme der üblichen Miete – nicht in Betracht (u.a. Ländererlasse, Rz. 7; Mannek in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, 130. EL Stand: 7/2015, § 198 BewG Rz. 32, 33).

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