Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsbewertung: Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes aufgrund Teilerbauseinandersetzung – Anforderungen an Verkäufe im gewöhnlichen Geschäftsverkehr

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Feststellung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer kann der Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes auch dann nicht aus einer Teilerbauseinandersetzung abgeleitet werden, wenn die Beteiligten keine nahe stehenden Personen sind.
  2. Eine Teilerbauseinandersetzung vollzieht sich – ebenso wie die Verkäufe von Miteigentumsanteilen oder ideeller Anteile einer wirtschaftlichen Einheit - nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
 

Normenkette

BewG § 9 Abs. 2 S. 1, § 198; BauGB §§ 194, 199; ImmoWertV § 7

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.05.2022; Aktenzeichen II R 8/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob sich aus einer Teilerbauseinandersetzung der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes im Sinne von § 198 des BewertungsgesetzesBewG – für das mit einer Reihenmittelhaus bebaute Grundstück A-Str. in A-Stadt ergibt.

Dieses Grundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eheleute X und Y. Nach dem Ableben von Herrn X am ….2015 wurde dessen Ehefrau Alleinerbin. Diese verstarb am ….2017. Erben wurden der Kläger zu 40 % und der Beigeladene zu 60 %. Der Beigeladene ist der Bruder der verstorbenen Erblasserin. Die Eltern des Klägers waren mit der Erblasserin befreundet, ein Verwandtschaftsverhältnis besteht nicht.

Nachdem der Beigeladene dem Kläger auf Anfrage mitgeteilt hatte, dass er das Haus nicht übernehmen wolle, kam es durch notariellen Vertrag vom 21.11.2017 zu einer Teilerbauseinandersetzung über das Grundstück. Der Kläger erwarb den auf den Beigeladenen entfallenden Anteil zu einem Kaufpreis i.H.v. 48.000 €. Diesen Kaufpreis hatte der Kläger nach eigenen Angaben anhand des Wertes für ein vermietungsfähiges Einfamilienhaus ermittelt. Hierzu hatte er in Erfahrung gebracht, dass in der Umgebung ein ähnliches Objekt für 130.000 € angeboten worden sei. Hinsichtlich überschlägiger Sanierungskosten von ca. 50.000 € legte er entsprechende Rechnungen für Handwerkerleistungen vor. Daraus ergab sich aus seiner Sicht ein Verkehrswert i.H.v. 80.000 €, wovon 60 % (dies entspricht 48.000 €) auf den Beigeladenen entfielen.

Die Erbschaft- und Schenkungssteuerstelle des Finanzamtes … fragte durch Schreiben vom 16.01.2018 die Ermittlung einer Grundbesitzwertes für die A-Str in A-Stadt beim Beklagten an.

Der Beklagte erließ am 19.03.2018 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 22.04.2017 für Zwecke der Erbschaft-steuer. Hierin stellte er den Grundbesitzwert i.H.v. 137.592 € im Vergleichswertverfahren fest.

Der Kläger und der Beigeladene legten durch Telefax vom 06.04.2018 Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 22.07.2019 als unbegründet zurückwies.

Der Kläger hat durch Schreiben vom 26.08.2019 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er vor, dass über den Kaufpreis aus der Teilerbauseinandersetzung ein niedrigerer gemeiner Wert im Sinne von § 198 BewG nachgewiesen sei, da es sich um einen Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gehandelt habe. Zwischen Kläger und Beigeladenem bestehe kein Näheverhältnis.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 22.04.2017 für Zwecke der Erbschaftsteuer für die wirtschaftliche Einheit A-Str. in A-Stadt in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.07.2019 dahingehend zu ändern, dass der Grundbesitzwert i.H.v. 80.000 € festgestellt wird.

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, dass ein Kaufpreis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gerade nicht vorliege, da der auf den Beigeladenen entfallende Grundstücksanteil anders als im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nur einem begrenzten Personenkreis, nämlich dem Kläger, angeboten worden sei.

Für weitere Einzelheiten zum Sach- und Streitstand nimmt der Senat auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 03.09.2020, die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 22.04.2017 für Zwecke der Erbschaftsteuer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.07.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

Der Beklagte hat zu Recht davon abgesehen, aus der Teilerbauseinandersetzung den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes im Sinne von § 198 BewG i.H.v. 80.000 € abzuleiten.

Da das Bewertungsgesetz in den §§ 179ff. BewG eine vereinfachte schematisierte Bewertung anordnet, bei der der Steuerpflichtige mit Einwendungen aufgrund der individuellen Verhältnisse des Grundstücks ausgeschlossen ist, lässt § 198 BewG den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zu (Halaczinsky in Rössler/Troll BewG § 198 BewG Rn. 4; Ma...

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