Leitsatz

Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten können nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG, § 15, § 20, § 20b, § 31, § 64, § 87 UrhG, § 13c UrhWahrnG, § 738, § 779 BGB, Art. 3 EGRL 29/2001

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG (KG), betrieb Kabelnetze in der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen ihr und Fernseh- und Hörfunksendern bestanden in den Streitjahren (2008 und 2010) Einspeiseverträge, die die KG vertraglich verpflichteten, das jeweilige Programm zeitgleich, vollständig und unverändert in ihr Kabelnetz einzuspeisen und an die angeschlossenen Haushalte zu verteilen. Zwischen der KG und verschiedenen Verwertungsgesellschaften kam es in der Folgezeit zu (später durch Vergleich beigelegte) Streitigkeiten über die urheberrechtliche Vergütungspflicht der KG für die Nutzung von Kabelweitersenderechten, weshalb die KG in den Streitjahren Zahlungen an die Verwertungsgesellschaften unter Vorbehalt sowie als vorläufige Abschlagszahlungen leistete. Das FA ging davon aus, dass es sich bei den Zahlungen um Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten handele, die nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen seien, und erließ für die Streitjahre entsprechende GewSt-Messbescheide. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Zwar handele es sich bei Kabelweitersenderechten um Rechte i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Diese verbrauchten sich jedoch mit jeder vorgenommenen Weitersendung. Sie seien deshalb nicht zeitlich befristet überlassen.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg. Nach Ansicht des BFH lagen alle Voraussetzungen für eine Hinzurechnung der streitigen Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vor. Insbesondere seien die Kabelweitersenderechte auch zeitlich befristet überlassen worden. Nach den zur Streitbeilegung geschlossenen Vergleichen sei nicht auf das einzelne gesendete Werk abgestellt worden, sondern darauf, dass es innerhalb des zeitlichen Rahmens, für den die Kabelweitersendung zwischen der KG und den Verwertungsgesellschaften vereinbart worden sei (und somit befristet), den Sendeunternehmen freigestanden habe, einzelne oder alle Werke in beliebiger Reihenfolge zu wiederholen.

 

Hinweis

1. Kabelweitersenderechte gehören zu den Rechten i.S.v. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.

a) Das Kabelweitersenderecht ist das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (§ 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG). Es handelt sich um ein urheberrechtlich geschütztes Recht an der Veröffentlichung eines Werks. Entsprechendes gilt für das Leistungsschutzrecht der Sendeunternehmen. Sie haben nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG u.a. das ausschließliche Recht, ihre Funksendungen weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen.

b) Die für eine Kabelweitersendung erforderliche öffentliche Wiedergabe liegt schon vor, wenn die Übertragung durch ein neues technisches Verfahren erfolgt. Ist dies der Fall, bedarf es keiner weitergehenden Prüfung, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird.

2. Ob ein Recht – wie von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gefordert – zeitlich befristet überlassen wird oder endgültig, richtet sich nach dem zugrunde liegenden Vertrag und den Verhältnissen, wie sie sich bei Abschluss des Vertrags darstellen. Nicht zeitlich befristet überlassen ist ein Recht z.B. dann, wenn das wirtschaftliche Eigentum an dem Recht auf den Berechtigten übergeht, weil es sich während der vereinbarten Nutzungsdauer in seinem wirtschaftlichen Wert erschöpft (sog. verbrauchende Rechteüberlassung).

3. Die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten widerspricht nicht dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.

4. Für die Frage, ob ein Recht i.S.v. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG überlassen wird, ist nicht entscheidend, ob diese Überlassung freiwillig erfolgt oder eine entsprechende Verpflichtung besteht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.2.2023 – IV R 37/18

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