FinMin Baden-Württemberg, 10.7.2020, 3 - S 031.9/4

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 ist § 146a Abgabenordnung (AO) eingeführt worden. Demnach besteht ab dem 1. Januar 2020 die Pflicht, elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 1 Satz 1 Kassensicherungsverordnung sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen.

Mit BMF-Schreiben vom 6. November 2019 (Az.: IV A 4 – S 0319/19/10002 :001, 2019/0891800, BStBl 2019 I S. 1010) wurde geregelt, dass die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen sind. Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO wird es jedoch nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine TSE verfügen.

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings absehbar, dass vielen Unternehmen eine Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen bis zum Ablauf der Frist am 30. September 2020 nicht möglich sein wird. Einerseits führen die mit der Infektionskrankheit COVID-19 verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens und die kurzfristige, prioritäre Umstellung der Kassensysteme im Hinblick auf die befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 zu erheblichen Verzögerungen bei der Implementierung der TSE. Darüber hinaus werden auch diejenigen Unternehmen, die sich für eine cloudbasierte TSE-Lösung entschieden haben, die erforderliche Aufrüstung nicht fristgerecht durchführen können. Denn cloudbasierte TSE sind mangels abgeschlossener Zertifizierungsverfahren bislang noch nicht verfügbar.

Im Grundsatz bleibt es dabei, dass die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen der elektronischen Aufzeichnungssysteme, soweit möglich, umgehend durchgeführt werden müssen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen sind.

Zur Vermeidung einer Vielzahl von Einzelanträgen sind elektronische Aufzeichnungssysteme ohne TSE für die in Baden-Württemberg ansässigen Steuerpflichtigen, die den Einbau der TSE bis zum 30. September 2020 nicht vornehmen konnten, unter den folgenden Voraussetzungen aus Billigkeitsgründen längstens bis zum 31. März 2021 nicht zu beanstanden:

  • Der Unternehmer hat die erforderliche Anzahl an TSE bei einem Kassenfachhändler oder einem anderen Dienstleister nachweislich bis zum 30. September 2020 verbindlich bestellt oder in Auftrag gegeben

    oder

  • es ist der Einbau einer cloudbasierten TSE vorgesehen, eine solche ist jedoch nachweislich noch nicht verfügbar.

Die vorgenannten Voraussetzungen sind durch eine entsprechende Dokumentation festzuhalten, der Verfahrensdokumentation zur Kassenführung beizufügen, für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vorzuhalten und auf Verlangen vorzulegen.

Die Billigkeitsmaßnahme gilt bei Vorliegen aller Voraussetzungen als stillschweigend gewährt. Ein gesonderter Antrag ist nicht erforderlich. Bereits vor Bekanntgabe dieses Erlasses gestellte Anträge gelten als bewilligt, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Normenkette

AO 1977 § 146a

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