Das vereinfachte Ertragswertverfahren sieht eine gesonderte Bewertung des "nicht betriebsnotwendigen Vermögens" (§ 200 Abs. 2 BewG) und der Beteiligungen an anderen Gesellschaften (§ 200 Abs. 3 BewG) vor. Nicht betriebsnotwendig sind nach der gesetzlichen Definition Wirtschaftsgüter und mit diesen Wirtschaftsgütern in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden, die aus dem zu bewertenden Unternehmen i.S.d. § 199 Abs. 1 oder 2 BewG herausgelöst werden können, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinträchtigen.

Nicht betriebsnotwendiges Vermögen sind bspw. (vgl. R B 200 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019) Grundstücke, Gebäude, Kunstgegenstände, Beteiligungen, Wertpapiere und Geldbestände. Gegenstände des erbschaftsteuerlichen Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 2, Nr. 1–5 ErbStG sind regelmäßig ebenfalls nicht betriebsnotwendiges Vermögen. Die Gleichsetzung des Verwaltungsvermögens oder des gewillkürten Betriebsvermögens im ertragsteuerlichen Sinn ist jedoch nicht zwingend (vgl. R B 200 Abs. 2 Satz 4 ErbStR 2019). Im Einzelfall ist die Abgrenzung anhand des Unternehmenszwecks vorzunehmen (Eisele in Rössler/Troll, BewG, Stand: 33. EL 1/2021, § 200 Rz. 3).

Das führt zu Rechtsunsicherheit, weil beide Seiten, ausscheidender und verbleibende Gesellschafter, versuchen können, durch Zuordnung einzelner Gegenstände zum betriebsnotwendigen oder nicht betriebsnotwendigen Vermögen das Abfindungsguthaben zu erhöhen oder nach unten zu drücken. In der Praxis kann die Abgrenzung höchst streitanfällig sein, weil die Betriebsnotwendigkeit von der Auslegung des Unternehmenszwecks abhängt (Eisele in Rössler/Troll, BewG, Stand: 33. EL 1/2021, § 200 Rz. 3). Das kann u.a. Geldvermögen betreffen, das mit Blick auf mögliche spätere Investitionen gespart wurde, aber nicht eindeutig einem Projekt innerhalb des Unternehmenszwecks gewidmet wurde.

Beraterhinweis Die Versuchung, über die Betriebsnotwendigkeit einzelner Vermögensgegenstände den Abfindungswert anzupassen, kann für die Beteiligten durchaus groß sein. Denn eine Einzelbewertung von bspw. Immobilien oder Wertpapieren kann derzeit einen überproportionalen Beitrag zur Wertermittlung leisten. Für die Bewertung eines Einfamilienhauses sieht § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG das Vergleichswertverfahren als vorrangiges Verfahren vor. Ein- und Zweifamilienhäuser i.S.d. Vorschrift sind alle Wohngrundstücke, die bis zu zwei Wohnungen enthalten und kein Wohnungseigentum sind (R B 181.1 Abs. 1 ErbStR 2019). Durch den zurzeit immer noch nicht gebrochenen Boom am Immobilienmarkt können daher v.a. Immobilien zu einer deutlichen Verzerrung des nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Abfindungsguthabens führen.

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