Leitsatz

Es verstößt nicht gegen Art. 52 EGV (= Art. 43 EG) sowie Art. 59 EGV (= Art. 49 EG), wenn inländische Unternehmen, die mit einem Unternehmen verbunden sind, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, und die mit diesem Unternehmen in kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen stehen, steuerlich unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob das verbundene Unternehmen in einem Mitgliedstaat ansässig ist, mit dem eine Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk entsprechende Abkommensregelung vereinbart worden ist, oder aber in einem Mitgliedstaat, bei dem dies (wie in Art. 3 DBA Italien 1925) nicht der Fall ist (Anschluss an EuGH-Urteil vom 5.7.2005, Rs. C-376/03 "D.", BFH-PR 2005, 390).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, Art. 9 Abs. 1 OECD-MA, Art. 43, Art. 49 EG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, belieferte mit den von ihr hergestellten Produkten vor allem die Automobilindustrie. In den Streitjahren 1991 und 1992 gehörten 98 % ihrer Gesellschaftsanteile zunächst – vom 1.1. bis zum 12.12.1991 – der italienischen X-S.p.A., danach – bis zum 24.8.1992 – deren ebenfalls italienischer Obergesellschaft, der Y-S.p.A., und anschließend einer (inländischen) Beteiligungs-GmbH.

Die Klägerin schloss als Lizenznehmerin mit der X-S.p.A. einen als "Technical Assistance and Licensing Agreement" bezeichneten Vertrag. Die X-S.p.A. verpflichtete sich hierin u.a., vollen Zugang zu den technischen Kenntnissen zu gewähren und auf Anforderung der Klägerin an diese besuchsweise angemessen qualifiziertes Personal zu entsenden sowie deren Personal Zugang zu Labors, Büros und Produktionsstätten der X-S.p.A. zu verschaffen. Im Übrigen räumte die X-S.p.A. für die Geltungsdauer des Vertrags das Recht ein, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für ihre Produkte oder deren Verkauf die Handelsmarke zu verwenden.

Die Klägerin erkannte an, dass ihr von der X-S.p.A. die Genehmigung erteilt wurde, sich als Mitglied der von der X-S.p.A. kontrollierten Unternehmensgruppe kenntlich zu machen.

Schließlich erteilte die X-S.p.A. der Klägerin nicht übertragbare Lizenzen auf bestimmte Patente, eingetragenen Muster, Urheberrechte und andere gewerbliche Eigentumsrechte. Die Klägerin verpflichtete sich hingegen, für alle vertraglich garantierten und gewährten Rechte, Lizenzen, Genehmigungen, Vorteile und Dienstleistungen jährlich an die X-S.p.A. eine Lizenzgebühr i.H.v. 0,8 % des Verkaufswerts der hergestellten oder veräußerten Produkte zu zahlen sowie die für die gewährte Unterstützung entstandenen Kosten anteilig zu übernehmen.

Die Klägerin zahlte an die X-S.p.A. in 1991 einen Anteil von 1 % und in 1992 einen Anteil von 0,8 % des jeweiligen maßgeblichen Produktumsatzes.

Das FA sah die Vergütungen nur teilweise als steuerrechtlich angemessen an und behandelte die jeweiligen Restbeträge als vGA.

Die Klage gegen die dementsprechend geänderten Steuerbescheide blieb erfolglos (EFG 2003, 952).

 

Entscheidung

Der BFH hat dem entsprochen. Das FG sei von den vGA-Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung ausgegangen und habe in den von der Klägerin an die X-S.p.A. geleisteten Zahlungen vGA gesehen, weil die mit dieser getroffenen vertraglichen Abmachungen den steuerlichen Anforderungen nicht genügten. Es fehle an den erforderlichen klaren und eindeutigen Festlegungen der gegenseitigen Verpflichtungen. Ohne solche Festlegungen entspreche das zugrunde liegende Verhalten der Vertragsbeteiligten nicht dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Durch den Verzicht auf solche Abmachungen habe sich die Klägerin letztlich dem "Diktat" der X-S.p.A. unterworfen. Deren Zusage, der Klägerin den vollen Zugang zu den eigenen technischen Kenntnissen zu gewähren, sei für Leistungserbringungen im internationalen Technologietransfer zu unspezifiziert, um eine Gegenleistung und deren ernstliche Zusage zu rechtfertigen. Der Vertrag über technische Unterstützung und Lizenz sei überdies nicht vereinbarungsgemäß tatsächlich durchgeführt worden. Der BFH hatte keine Veranlassung, diese tatrichterliche Einschätzung in Frage zu stellen. Sie band ihn (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), solange kein Verstoß gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegt oder die Rechtserkenntnis verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Letzteres war im Streitfall jedoch nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden. Vor diesem Hintergrund stellte sich nur noch die in den Praxis-Hinweisen aufgeworfene Frage der Meistbegünstigung, die der BFH, wie dargestellt, verneinte.

 

Hinweis

1. Bei der Prüfung der Frage, ob eine vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt, sind stets und immer auch die Sondererfordernisse zu berücksichtigen, denen der Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft unterworfen ist.

Das bedeutet: Vereinbarungen zwischen diesen beiden müssen regelmäßig klar und eindeutig gefasst sein, sie müssen zivilrechtlich wirksam sein, tatsächlich durchgeführt werden und – vor allem – zu einem Zeitpunkt vor dem betreffenden Geschäftsvorfall und der ...

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