1 Problematik und Aktualität der Unternehmensnachfolge

1.1 Begriffe

 

Rz. 1

Die Unternehmensnachfolge stellt an alle Beteiligten höchste Anforderungen. Schon immer bereiteten der Wechsel an der Unternehmensspitze und das Ausscheiden der prägenden Unternehmerfigur oder des Gründers Probleme für die Existenz eines Unternehmens. Gesteigerte Relevanz hat die Unternehmensnachfolge ebenso durch die große Zahl der Unternehmen, die in den nächsten Jahren zur Nachfolge anstehen.

 

Rz. 1a

Trotz vielfältiger Literatur, die sowohl Berater[1] als auch die Unternehmer[2] selbst anspricht, befassen sich nur wenige Unternehmer freiwillig mit ihrer persönlichen Nachfolge. Oft wird die Planung wegen der damit verbundenen Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen, der eigenen Lebensplanung sowie den Verhältnissen in der Familie unnötig hinausgeschoben. Damit bleibt gleichzeitig das für den weiteren Bestand des Unternehmens verbundene Risiko unbeachtet. Die Unternehmensnachfolge sollte daher als letzte große Managementaufgabe des Unternehmers angesehen werden[3].

 

Rz. 2

Der Begriff "Unternehmensnachfolge" wird oft mit dem Begriff "Erbfolge" verwechselt. Dabei wird übersehen, dass eine Nachfolgeregelung zu Lebzeiten für den Unternehmer vorteilhaft ist und u. a. der eigenen Alterssicherung dient. Ferner kann die Fortführung der Prinzipien, auf denen das Unternehmen aufgebaut wurde, gesichert oder eine Erwerbsquelle für die Kinder geschaffen werden.

 

Rz. 2a

Eine konsequente Planung und Durchführung der Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der sich aufgrund der vielfältigen persönlichen, rechtlichen und steuerrechtlichen Faktoren durchaus über mehrere Jahre hinziehen kann[4]. Die damit verbundenen Kosten sind unvermeidbar, soweit die Existenz des Unternehmens, des Unternehmers sowie die seiner Familie gesichert werden soll.

 

Rz. 2b

Gerade Unternehmer, die es gewohnt sind, strategische Entscheidungen mit weitreichenden Folgen zu treffen, sollten die Unternehmensnachfolge daher nicht dem Zufall der gesetzlichen Erbfolge überlassen. Die gesetzliche Erbfolge kann schon deshalb nicht den Interessen des Unternehmers gerecht werden, weil sie nicht für die Vererbung von Unternehmen konzipiert ist, sondern sich an der Übertragung von Privatvermögen orientiert.

[1] Z. B. Spiegelberger, Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2009; IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009.
[2] Z. B. Huber/Sterr-Kölln, Nachfolge in Familienunternehmen, 2006.
[3] Schließmann/Fandrich/Bloehs, Unternehmensnachfolge, 2001, 371f.; Nagel, Chefsache Unternehmensnachfolge, 2004.
[4] Schließmann/Fandrich/Bloehs, Unternehmensnachfolge, 2001, 372f.

1.2 Erfordernis einer geregelten Unternehmensnachfolge

 

Rz. 3

Die Regelung der Unternehmensnachfolge ist ein interaktiver Prozess, der Verbindungen zwischen folgenden Akteuren herstellt[1]:

  • Unternehmer,
  • Unternehmen,
  • Banken,
  • Geschäftspartner,
  • Mitarbeiter,
  • Nachfolger,
  • Familie,
  • Finanzamt.
 

Rz. 3a

Der Unternehmer kann die Fortführung des Unternehmens entweder durch Familienmitglieder oder durch Dritte sicherstellen. Auch wenn das Unternehmen in erster Linie in der Familie bleiben soll, sind geeignete Dritte für die Unternehmensnachfolge in Betracht zu ziehen, sofern kein qualifizierter Nachfolger in der Familie vorhanden ist. Ferner sind die persönlichen Beziehungen im Unternehmen (z. B. zu Mitarbeitern) oder zwischen Unternehmer und Umfeld je nach Größe und Engagement zu beachten. Die mögliche Reaktion bedeutender Geschäftspartner darf ebenfalls nicht vernachlässigt werden.

 

Rz. 4

Aus Sicht der Geschäftsbanken ist eine geregelte Nachfolge für die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unerlässlich. Eine ungeregelte Unternehmensnachfolge wirkt sich u. a. negativ auf das Rating aus. Ebenso nachteilig für den Fortbestand des Unternehmens ist z. B., wenn die Geschäftsbanken keinen geeigneten Nachfolger erkennen können, sei es aus persönlichen Gründen (fehlende Motivation oder fehlendes Know-how der Kinder) oder weil keine entsprechenden Mittel für eine weitere Finanzierung durch Eigenkapital bei hohem Schuldenstand vorhanden sind.

 

Rz. 5

Weiteres Erfordernis ist die Sicherung des Unternehmensvermögens. Eine Beeinträchtigung ist z. B. durch Streitigkeiten während einer Übergangsphase möglich. Dies kann bei der gesetzlichen Erbfolge der Fall sein, da bei einer Erbengemeinschaft alle Entscheidungen von den Erben gemeinsam getroffen werden müssen[2]. Da bei einer Erbenge­meinschaft jeder Erbe jederzeit die Auseinandersetzung verlangen kann, jedoch ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen auf schnelle und eindeutige Entscheidungen der Unternehmensführung angewiesen ist, können notwendige wirtschaftliche Entscheidungen blockiert werden. Als Konsequenz wird das Unternehmen bei einer Erbengemeinschaft oft nicht als lebensfähige Einheit erhalten, da zu viele divergierende Interessen aufeinanderprallen[3].

 

Rz. 6

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die psychologische Komponente. Eine rechtzeitige Regelung sichert, dass alle Entscheidungen in Ruhe abgewogen und auch innerhalb der Familie diskutiert werden können. Der Unternehmer braucht Zeit, um seine Entscheidungen er...

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