Rz. 141

Beim gleitenden Unternehmensübergang erfolgt die Übertragung, indem nach und nach mehr Verantwortung auf den Nachfolger übergeht. Dadurch ist eine optimale Gewöhnung der Kunden bzw. Nutzung von Erfahrungen des Alteigentümers möglich.

 
Praxis-Beispiel

U möchte anlässlich seines 55. Geburtstags seiner einzigen Tochter T, die gerade ihr BWL-Studium beendet hat, sein Makler-Büro übertragen. Wegen mangelnder Erfahrung von T überlegt U, ob er ihr die Unternehmensführung schon zutrauen kann. T ist weder bei den Kunden noch bei den Mitarbeitern bekannt.

Sinnvoll wäre es in diesem Fall, die Unternehmensnachfolge gleitend zu gestalten.

 

Rz. 142

Vorteil einer solchen Lösung ist, dass der Unternehmer Zeit hat, seinen Nachfolger einzuarbeiten. Er behält zumindest am Anfang die Kontrolle über das Unternehmen und kann maßgeblichen Einfluss auf dessen Entwicklung nehmen. Im Hinblick auf Kunden- und Geschäftskontakte kann er den Nachfolger über einen gewissen Zeitraum begleiten, sodass die Kunden die Möglichkeit haben, sich an den Nachfolger zu gewöhnen bzw. ihn zu akzeptieren. Ferner sind Wissen und Erfahrung des Über­gebers für die Gesellschaft nutzbar.

 

Rz. 143

Nachteil auf Unternehmerseite ist, dass dieser Prozess mehr Zeit erfordert als eine sofortige Unternehmensübergabe. Dieses Modell ist daher z. B. ungeeignet, wenn der Alteigentümer sofort aussteigen möchte. Wichtig ist, dass die Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter den Nachfolger akzeptieren. Beim gleitenden Unternehmensübergang ist eine enge Abstimmung zwischen Unternehmer und Nachfolger erforderlich. Bei unklarer bzw. zeitlich unbestimmter Übergangsregelung suchen Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter verstärkt den Kontakt zum Alteigentümer. Das bewirkt informelle Führungsstrukturen mit der Folge ungenauer Kompetenzabgrenzungen, was die Nachfolge erschwert.

 

Rz. 144

Im Rahmen der gleitenden Unternehmensnachfolge wäre es denkbar, den Nachfolger zunächst anzustellen, damit dieser das Unternehmen kennenlernen kann. Nach der Beförderung zum leitenden Angestellten erhält der Nachfolger seinen eigenen Verantwortungsbereich. Anschließend zieht sich der Unternehmer langsam aus dem operativen Geschäft zurück. Hat der Nachfolger ausreichend Kompetenz erworben, können ihm die Geschäftsanteile nach und nach übertragen werden. Der Alteigentümer kann sich dabei weitere Kontrollrechte durch den Wechsel in den Aufsichtsrat oder Beirat sichern. Auch eine Tätigkeit des Unternehmers als Berater wäre übergangsweise möglich. Wichtig ist die klare zeitliche Vorgabe, ab wann der Nachfolger das Unternehmen alleine führen kann.

 

Rz. 144a

Im Zuge einer gleitenden Unternehmensnachfolge kann der Nachfolger auch zunächst als Geschäftsführer angestellt werden. Die Übertragung der Geschäftsanteile erfolgt dann erst mit dem Tod des Unternehmers. Zu beachten ist aber, dass die Vereinbarung klar und eindeutig auf den Todeszeitpunkt getroffen werden muss, um unerwünschte Folgen bzw. Streitigkeiten, etwa bei der Existenz weiterer Erben, zu vermeiden.

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