2.7.2.1 Zugewendete obligatorische Nutzungsrechte

 

Rz. 96

Für die Frage der Einkunftserzielung spielt es keine Rolle mehr, ob das Nutzungsrecht dinglich oder obligatorisch bestellt ist. Auch bei schuldrechtlichen Nutzungsrechten richtet sich die Einkünftezurechnung zwischen Eigentümer und Nutzungsberechtigtem allein nach der Tatbestandsverwirklichung, d. h. demjenigen sind die Einkünfte zuzurechnen, der durch die Teilnahme am Marktgeschehen als Quelleninhaber gilt. Der Nutzungsberechtigte erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn er aufgrund einer gesicherten Rechtsposition — der BFH nennt Miet- oder Leihvertrag — ein Gebäude für eine von vornherein bestimmte Zeit nutzt. Ferner kann sich eine gesicherte Rechtsposition auch aus mündlichen Vereinbarungen, nur stillschweigend im Konsens oder sogar konkludent aus den Umständen ergeben[1]. In Rz. 7 des 3. Nießbrauchserlasses v. 24.7.1998[2] sind obligatorische Nutzungsrechte zugunsten naher Angehöriger nur dann anzuerkennen, wenn der Überlassungsvertrag schriftlich abgeschlossen und das Nutzungsrecht für einen festgelegten Zeitraum, mindestens für die Dauer von einem Jahr, vereinbart worden ist. Bei einem teilweise entgeltlich begründeten Nutzungsrecht ist grundsätzlich ein schriftlicher Mietvertrag erforderlich, während es hier der Festlegung einer Mindestzeit nicht bedarf.

 

Rz. 97

Vermietet der obligatorische Nutzungsberechtigte das Grundstück, hat er die erzielten Einnahmen nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Er darf die vertraglich übernommenen und von ihm getragenen Aufwendungen einschließlich des an den Eigentümer gezahlten Entgelts als Werbungskosten absetzen. Bei bereits bestehenden Nutzungsverträgen kann der Nutzungsberechtigte nur durch eine rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme (bei dinglichen Nutzungsrechten genügt eine Anzeige an die Mieter) in die Vermieterstellung eintreten[3].

Beim Eigentümer ist das für die Einräumung eines Nutzungsrechts gezahlte Entgelt im Jahr des Zuflusses als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Im übrigen gelten die zu dinglichen Nutzungsrechten gemachten Ausführungen entsprechend. Sofern das gesamte Nutzungsentgelt in einem Kalenderjahr gezahlt worden ist, besteht auch beim obligatorischen Nutzungsrecht die Möglichkeit der Verteilung auf maximal zehn Jahre.

Nutzt der Berechtigte eine ihm unentgeltlich überlassene Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition, darf der Eigentümer AfA auf das Gebäude nicht in Anspruch nehmen, soweit sie auf den Gebäudeanteil entfallen, auf den sich das Nutzungsrecht erstreckt. Entsprechendes gilt für den Abzug anderer Aufwendungen[4].

[2] BStBl I 1998, 914.
[4] Vgl. 3. Nießbrauchserlaß v. 24.7.1998, BStBl I 1998, 914, Rz. 38.

2.7.2.2 Vorbehaltene obligatorische Nutzungsrechte

 

Rz. 98

Behält sich der bisherige Eigentümer bei der Übertragung des Grundstücks ein obligatorisches Nutzungsrecht vor, stellt die Einräumung des Nutzungsrechts keine Gegenleistung des Erwerbers dar. Der Nutzungsberechtigte hat bei der Vermietung des Grundstücks die Einnahmen zu versteuern, er darf die von ihm getragenen Aufwendungen einschließlich des an den Eigentümer gezahlten Entgelts als Werbungskosten absetzen. Der Nutzende darf weiterhin wie zuvor als Eigentümer die AfA für das Gebäude in Anspruch nehmen[1].

Die Finanzverwaltung hat konform mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung also die Behandlung von dinglichen und obligatorischen Nutzungsrechten dogmatisch völlig gleichgestellt, ohne zwischen Zuwendungs- und Vorbehaltsnutzungsrechten zu unterscheiden. Dies dient eindeutig der Rechtsvereinfachung und ist daher uneingeschränkt zu begrüßen. Die Einräumung eines vorbehaltenen obligatorischen Nutzungsrechts wird also nicht als Gegenleistung des Übernehmers angesehen, unabhängig davon, ob das Grundstück im übrigen entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird.

Der Nutzungsberechtigte hat bei Vermietung des Grundstücks die Einnahmen zu versteuern (3. Nießbrauchserlaß v. 24.7.1998, Rz. 52 a.a. O.). Der Nutzende kann die Aufwendungen auf das genutzte Wirtschaftsgut als Werbungskosten absetzen, sofern er zu deren Erbringung zivilrechtlich verpflichtet war. Darüber hinaus ist er zur Vornahme von AfA befugt, und zwar in dem Umfang wie zuvor als Eigentümer.

[1] BFH v. 28.3.1995, IX R 126/89, BStBl II 1997, 121; 3. Nießbrauchserlaß v. 24.7.1998, BStBl I 1998, 914.

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