Rz. 63a

Eine Rücklage ist – über die in Abs. 4 genannten Fallgestaltungen hinaus – auch dann aufzulösen, wenn der Stpfl. seinen Betrieb gem. §§ 16, 34 EStG veräußert oder aufgibt (vgl. BMF v. 25.2.2004, IV A 6 – S 2183b – 1/04, BStBl I 2004, 337, Rz. 30; FG Düsseldorf v. 25.9.2003, 11 K 2035/01 E, EFG 2003, 1768, Rev. XI R 69/03; Lambrecht, in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. D 44; einschränkend Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 91). Der aus der Rücklagenauflösung entstehende Gewinn ist in diesem Fall – einschließlich des Gewinnzuschlags nach § 7g Abs. 5 EStG a. F. – nach §§ 16, 34 EStG begünstigt (vgl. auch Rz. 63b). Der BFH[1] entschied dementsprechend, dass der Ertrag aus einer im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. den steuerbegünstigten Betriebsveräußerungs- bzw. Betriebsaufgabegewinn erhöht[2]. Die Verwaltung will den Auflösungsgewinn demgegenüber stets als laufenden Gewinn behandelt wissen, wenn die Rücklage in nach dem 31.12.2003 beginnenden Wirtschaftsjahren gebildet wurde, da die Rücklage lediglich eine Gewinnentstehung nach hinten verschiebe[3]. Bei früheren Rücklagen bis zum 31.12.2003 soll nach Auffassung der Verwaltung[4] ein tarifbegünstigter Gewinn entstehen, soweit die Rücklage im Veräußerungszeitpunkt nicht bereits nach § 7g Abs. 4 S. 2 EStG a. F. aufzulösen gewesen wäre.

Abs. 4 S. 2 geht als Spezialtatbestand §§ 16, 34 EStG vor. Das Schrifttum vertritt weitgehend die Meinung des BFH und unterscheidet zwischen § 7g Abs. 4 S. 2 EStG a. F. (nicht begünstigter Gewinn) und dem anlässlich einer Betriebsveräußerung entstehenden Gewinn (vgl. Meyer/Ball, FR 1997, 84; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 42; Keller, in Korn/Strahl, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 65.1; Lambrecht, in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. D 44 "Betriebsaufgabe"; Wessling, DStR 2002, 1165). Für die Beratungspraxis ist insoweit allerdings im Fall einer noch zu bildenden Rücklage entscheidend, die Gewinnermittlung vor Fassung des Entschlusses zur Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe abzugeben oder die Rücklagenbildung anderweitig rechtzeitig vor einem Entschluss zur Betriebsveräußerung bzw. Aufgabe mitzuteilen[5]. Wird die Gewinnermittlung erst nach Fassung des Entschlusses zur Veräußerung bzw. Aufgabe eingereicht, darf auch im Hinblick auf eine fortgeführte weitere Tätigkeit keine (neue) Rücklage mehr gebildet werden (BFH v. 20.12.2006, X R 42/04, BFH/NV 2007, 883; BFH v. 1.8.2007, XI R 47/06, BFH/NV 2008, 2408.

Der Gewinn aus einer Rücklagenauflösung, die unterjährig in dem Wirtschaftsjahr der Betriebsveräußerung oder -aufgabe aufgelöst wird, ist allerdings nicht begünstigt, soweit kein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zum Betriebsveräußerungs- oder -aufgabezeitpunkt erkennbar ist.

 

Rz. 63b

 
Praxis-Beispiel

X bildet zum 31.12.2003 eine Rücklage i. H. v. 100.000 EUR. Er veräußert seinen Betrieb zum 31.12.2005.

Nach der Verwaltungsauffassung entsteht ein laufender Gewinn von 100.000 EUR. Vom Veräußerungsgewinn gem. § 16 Abs. 2 EStG ist indes entgegen der BMF-Auffassung auch der Gewinn aus der Auflösung der Rücklage sowie der Gewinnzuschlag umfasst. Der Auffassung, nach der § 7g Abs. 4 S. 2 EStG a. F. die Anwendung des § 16 Abs. 2 EStG ausschließt, ist nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass eine Norm zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage (§ 7g Abs. 4 EStG a. F.) nicht lex specialis im Verhältnis zu einer Tarifnorm[6] sein kann, erhöht die Auflösung einer steuerfreien Rücklage anlässlich der Veräußerung eines Betriebs nach der Rspr. des BFH den Veräußerungsgewinn. Denn in der Schlussbilanz nach § 16 Abs. 2 S. 2 EStG ist die Rücklage noch als Passivposten anzusetzen. Dies hat der BFH nicht nur für die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR[7], sondern auch für normierte steuerfreie Rücklagen entschieden[8]. Dem hat sich überwiegend auch die Lit. angeschlossen (z. B. Meyer, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 16 EStG Rz. 338, § 7g EStG a. F. Rz. 120; Schlenker, in Blümich, EStG, § 6b EStG Rz. 257; Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 47; Weßling, DStR 2002, 1165). Ein laufender Gewinn anlässlich der Auflösung einer Rücklage entsteht bei Betriebsveräußerung nur, wenn die zeitlichen Voraussetzungen für die Fortführung der Rücklage noch vor Veräußerung entfallen sind (z. B. BFH v. 7.7.1998, VIII R 5/96, BStBl II 1999, 209 m. w. N.; BFH v. 10.11.2004, XI R 69/03, BFH/NV 2005, 438; Wacker, in Schmidt, EStG, § 16 EStG Rz. 318; a. A. Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 47, wenn die Rücklage ohnehin zum Zeitpunkt der Veräußerung/Aufgabe aufzulösen gewesen wäre). Im Beispiel entfallen die Voraussetzungen für eine Rücklagenfortführung nicht schon vor dem 31.12.2005, sondern -zusammengeballt- zum 31.12.2005. Der Gewinn aus der Auflösung der Rücklage sowie der Gewinnzuschlag erhöhen daher im Beispiel den gem. §§ 16, 34 EStG tarifbegün...

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