Rz. 62

Ist das Wirtschaftsgut, für dessen Investition die Rücklage gebildet wurde, tatsächlich angeschafft oder hergestellt worden, so ist die Rücklage i. H. v. 40 % der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 S. 1 EStG a. F.). Eine Auflösung in voller Höhe kommt also nur dann in Betracht, wenn die Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die bei der Rücklagenbildung unterstellt wurden, genau den später tatsächlich angefallenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten entsprechen oder unter diesen liegen. Anderenfalls bleibt noch ein Rücklagenrest, der – soweit nicht nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten anfallen – spätestens mit Ablauf der zweijährigen Investitionsfrist aufzulösen ist (§ 7g Abs. 4 S. 2 EStG a. F.). Der Stpfl. ist überdies jederzeit dazu berechtigt, eine gem. § 7g EStG a. F. gebildete Rücklage freiwillig – auch nur teilweise – aufzulösen (BMF v. 25.2.2004, IV A 6 – S 2183b – 1/04, BStBl I 2004, 337, Rz. 28; a. A. Keller, in Korn/Strahl, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 66: nur bei Aufgabe der Investitionsabsicht).

Die Rücklage kann nur bei Art- und Funktionsgleichheit des angeschafften Wirtschaftsguts nach Abs. 4 S. 1 aufgelöst werden. Fehlt es an einer Funktionsgleichheit, ist die Rücklage gem. § 7g Abs. 2 EStG a. F. mit der Folge eines Gewinnzuschlags mit Ablauf des Ansparzeitraums aufzulösen. Die für die Bildung einer Rücklage erforderliche Funktionsgleichheit des Ersatzwirtschaftsguts ist dabei grundsätzlich nur erfüllt, wenn das neue Wirtschaftsgut in demselben Betrieb hergestellt oder angeschafft wird, dem das entzogene Wirtschaftsgut diente (betriebsbezogene Auslegung des § 7g EStG a. F.; vgl. Rz. 2, 9). Ausnahmsweise ist allerdings die Übertragung stiller Reserven auf Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebs des Stpfl. nach den Grundsätzen der Ersatzbeschaffungsrücklage[1] zulässig, wenn die Zwangslage durch Enteignung oder höhere Gewalt zugleich den Fortbestand des bisherigen Betriebs selbst gefährdet oder beeinträchtigt hat[2].

Die Abschreibungsberechtigung beginnt ab dem Zeitpunkt der Anschaffung bzw. Herstellung[3]. Die Rücklagenauflösung ist unabhängig davon, ob der Stpfl. die Abschreibungsmöglichkeit gem. § 7g Abs. 1, 2 EStG a. F. in Anspruch nimmt bzw. nehmen darf. Auch wenn er z. B. das Wirtschaftsgut zu mehr als 10 % zu privaten Zwecken nutzt und daher eine Sonderabschreibung ausgeschlossen ist (§ 7g Abs. 2 Nr. 2 EStG a. F.), ist die Rücklage gem. Abs. 4 S. 1, also ohne Gewinnzuschlag gem. Abs. 5, aufzulösen.

 
Praxis-Beispiel

Der Stpfl. X, der die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 EStG a. F. erfüllt, plant die Anschaffung eines beweglichen neuen Wirtschaftsguts im Jahr 03 für das Jahr 05.

Die voraussichtlichen Anschaffungskosten sollen 100.000 EUR betragen. In 03 wird eine Rücklage von 40.000 EUR gebildet.

Erfolgt die Anschaffung im Januar 05 bei einer angenommenen Nutzungsdauer von 5 Jahren, so ist erst einmal die Rücklage i. H. v. 40.000 EUR gewinnerhöhend aufzulösen. Es können sodann in 05 folgende Abschreibungen vorgenommen werden:

§ 7 Abs. 2 EStG: 20 % von 100.000 EUR = 20.000 EUR

§ 7g Abs. 1 EStG a. F.: 20 % von 100.000 EUR = 20.000 EUR

Gewinnmindernder Aufwand insgesamt = 40.000 EUR

Würde die Investition erst im Juli des Jahres vorgenommen werden, würde die Rücklagenauflösung gleichermaßen i. H. v. 40.000 EUR erfolgen, die AfA aber nur 10.000 EUR betragen. Sollte X im Jahr 05 nicht mehr die Größenmerkmale des § 7g Abs. 2 EStG a. F. erfüllen, würde der Ertrag aus der Rücklagenauflösung die AfA noch stärker übertreffen, da dann nur die AfA gem. § 7 Abs. 1 oder 2 EStG abgezogen werden kann.

Eine Rücklagenauflösung kommt auch dann in Betracht, wenn für Anzahlungen auf Anschaffungskosten oder für Teilherstellungskosten bereits Sonderabschreibungen vorgenommen werden dürfen[4].

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