2.1 Erfolgreicher Einspruch (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 3

§ 77 EStG gilt nur für das förmliche Einspruchsverfahren (§§ 347ff. AO), auch wenn keine Klage folgt. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung des Rechtsbehelfs, sondern der damit verfolgte Zweck. Kosten für einen schlichten Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO werden davon nicht umfasst, ebenso wenig wie Aufwendungen für den Antrag auf Kindergeldfestsetzung oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder eine bloße Gegenvorstellung oder auch einen bloßen Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung.[1] § 77 EStG findet keine Anwendung, wenn sich ein Kindergeldberechtigter außergerichtlich erfolgreich gegen eine Einstellung der Kindergeldzahlung wendet.[2]

 

Rz. 4

Der Einspruch muss sich gegen die Kindergeldfestsetzung bzw. deren Aufhebung[3] richten. Mit umfasst sind entgegen dem Wortlaut alle Einspruchsverfahren in Kindergeldangelegenheiten, so Einspruchsverfahren gegen Abzweigungsentscheidungen[4], gegen die Ablehnung einer Kostenerstattung und bei Untätigkeitseinsprüchen.[5] Kosten für einen schlichten Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, für eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder für einen Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung (z. B. in Weiterleitungsfällen) werden davon nicht erfasst.[6]

Einspruchsverfahren mit anderem Verfahrensgegenstand fallen nicht unter § 77 EStG, z. B. Einspruch gegen einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO – anders ist es nur, wenn sich der Einspruch gegen einen Abrechnungsbescheid richtet mit dem Inhalt, dass wegen des Erstattungsanspruchs eines Sozialleistungsträgers kein Kindergeld an den Berechtigten gezahlt werde[7], gegen die ESt-Festsetzung wegen Nichtberücksichtigung eines Kinderfreibetrags.

Erstattungsberechtigt ist neben dem Einspruchsführer auch ein Dritter, der nach § 360 Abs. 3 AO zum Verfahren hinzugezogen wurde, wenn er entsprechende Anträge gestellt hat, z. B. der Kindergeldberechtigte im Einspruchsverfahren des Abzweigungsempfängers.

 

Rz. 5

Erstattungsfähig sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen. Zweckentsprechend sind alle Maßnahmen, die nach den gegebenen Verhältnissen ein verständiger Beteiligter zum Erreichen des erstrebten rechtlichen Erfolgs als sachdienlich und erforderlich ansehen durfte.[8] Abzustellen ist auf die vorausschauende, nicht die nachfolgende Beurteilung nach Ergehen einer Entscheidung. Notwendig sind alle Kosten, ohne die die sachdienliche Maßnahme nicht getroffen werden könnte, z. B. Reisekosten zur Akteneinsicht, Telefon- und Portogebühren, Kopierkosten u.Ä. Der eigene Zeitaufwand ist wegen Fehlens tatsächlich entstandener Aufwendungen nicht erstattungsfähig.[9]

2.2 Erfolgloser Einspruch (Abs. 1 S. 2)

 

Rz. 6

Die Erstattung von Kosten im Vorverfahren setzt voraus, dass der eingelegte Einspruch Erfolg hatte. Ausnahmsweise sind auch bei Erfolglosigkeit des Einspruchs die Kosten entsprechend § 77 Abs. 1 S. 1 EStG zu erstatten, wenn der Einspruch nur deshalb erfolglos geblieben ist, weil eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nach § 126 AO unbeachtlich ist. Ein unzulässiger Einspruch kann keinen Erfolg haben.[1]

Nach § 126 AO ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die nicht zur Nichtigkeit i. S. v. § 125 AO führen, unbeachtlich, wenn der Mangel von der Behörde nachträglich geheilt wird. Trotz der ursprünglich gegebenen formellen Rechtswidrigkeit wird der Einspruch dann als unbegründet zurückgewiesen. Mit der Erstattung der Aufwendungen wird berücksichtigt, dass der Einspruch zum Zeitpunkt seiner Einlegung erfolgreich gewesen wäre und der von der Familienkasse zu vertretende Mangel den Einspruchsführer zur letztendlich erfolglosen Einspruchseinlegung veranlasst haben kann.

2.3 Verschuldete Aufwendungen (Abs. 1 S. 3)

 

Rz. 7

Der Ausschluss verschuldeter Aufwendungen von der Kostenerstattung auch bei einem Obsiegen des Einspruchsführers entspricht § 137 FGO, die Zurechnung des Verschuldens eines Vertreters § 155 FGO i. V. m. §§ 51 Abs. 2, 85 Abs. 2 ZPO. Vertreter ist der gesetzliche und der gewillkürte Vertreter. Verschulden liegt vor, wenn der Einspruchsführer bzw. sein Vertreter diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die einem gewissenhaften Beteiligten nach den gesamten Umständen des konkreten Verfahrens zuzumuten ist.

 

Rz. ...

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