5.7.3.1 Allgemeines

 

Rz. 115

Wird bei der Übertragung eines Wirtschaftsguts gleichzeitig ein Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Wirtschaftsgut zugunsten des bisherigen Eigentümers bestellt, liegt ein Vorbehaltsnießbrauch vor. Der bisherige Eigentümer überträgt ein mit einem Nießbrauchsrecht belastetes Wirtschaftsgut.[1] Da die Übertragung des Wirtschaftsguts keine Gegenleistung für die Bestellung des Nießbrauchs darstellt, ist der Vorbehaltsnießbrauch grundsätzlich ein unentgeltlicher Nießbrauch. Erhält der bisherige Eigentümer für die Bestellung des Nießbrauchs ein Entgelt, liegt ein entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch vor.[2]

 

Rz. 116

Der Schenker im Rahmen einer mittelbaren Grundstücksschenkung kann einem Vorbehaltsnießbraucher gleichzustellen sein. Voraussetzung ist, dass der Schenker dem Beschenkten Geld zum Erwerb eines im Voraus genau bestimmten Grundstücks schenkt, an dem aufgrund vorheriger Absprache zwischen den Beteiligten dem Schenker ein Nießbrauchsrecht bestellt wird.[3] Erfolgt die Schenkung des Geldes dagegen nur zum Erwerb eines von dem Beschenkten zu bestimmenden Grundstücks, gelten bei abredegemäßer Bestellung eines Nießbrauchs zugunsten des Schenkers die Grundsätze zum Vorbehaltsnießbrauch – es liegt ein Zuwendungsnießbrauch vor – nicht.[4] Ebenfalls kein Vorbehalts-, sondern ein Zuwendungsnießbrauch liegt vor, wenn im Zusammenhang mit der Übertragung eines Grundstücks entweder ein Nießbrauch an einem anderen als dem übertragenen Grundstück oder nicht zugunsten des übertragenden Eigentümers, sondern zugunsten eines Dritten, z. B. zugunsten des Ehegatten des übertragenden Eigentümers, eingeräumt wird.[5] Als Vorbehaltsnießbraucher gilt auch der Erbe, der die Erbschaft gegen Einräumung eines Nießbrauchs an dem zum Nachlass gehörenden Grundstück ausschlägt.[6] Wird eine mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastete Immobilie mit Zustimmung des Nießbrauchers gegen eine andere Immobilie in der Weise ausgetauscht, dass dem Nießbraucher an der neuen Immobilie auf der Grundlage eines zuvor vereinbarten, den Rahmen bildenden Vertrags wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird, und trägt der Nießbraucher wirtschaftlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzimmobilie, setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch an der erworbenen Immobilie fort (verlängerter Vorbehaltsnießbrauch).[7] In Betracht kommt dies, wenn der Eigentümer die Ersatzimmobilie nur aus dem Veräußerungserlös anschaffen oder herstellen kann, sofern sich der Nießbrauch im Zeitraum zwischen der Veräußerung der Altimmobilie und der Anschaffung der Ersatzimmobilie ununterbrochen auf den Veräußerungserlös erstreckt. Bemessungsgrundlage für die AfA des Vorbehaltsnießbrauchers sind die vom ihm getragenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Ersatzimmobilie.

Rz. 117 einstweilen frei

5.7.3.2 AfA-Berechtigung des Nießbrauchsbestellers

 

Rz. 118

Der neue Eigentümer nutzt das übertragene Wirtschaftsgut aufgrund des Nießbrauchsvorbehalts grundsätzlich nicht zur Erzielung von Einkünften. Folglich kann er auch keine AfA auf das Wirtschaftsgut geltend machen.[1] Gleiches gilt auch bei einem entgeltlichen Erwerb eines mit einem Nießbrauchsrecht belasteten Wirtschaftsguts.[2] Bezieht sich dagegen der Vorhaltsnießbrauch nur auf einen Teil des übertragenen Wirtschaftsguts und erzielt der neue Eigentümer mit dem unbelasteten Teil des übertragenen Wirtschaftsguts Einkünfte, kann er im Hinblick auf den unbelasteten Teil des übertragenen Wirtschaftsguts AfA vornehmen.

 

Rz. 119

Nach Erlöschen des Vorbehaltsnießbrauchs ist der neue Eigentümer bei entsprechender Einkünfteerzielung zur Vornahme der AfA auf das übertragene Wirtschaftsgut berechtigt. Bemessungsgrundlage für die AfA bei entgeltlichem Erwerb des Wirtschaftsguts sind die Anschaffungskosten des neuen Eigentümers nebst etwaiger selbst getragener nachträglicher Herstellungskosten, vermindert um die AfA-Beträge, die auf die Zeit des Nießbrauchs entfallen.[3] Bei unentgeltlichem Erwerb gilt § 11d EStDV.[4] Wird der Nießbrauch entgeltlich abgelöst, führt die Ablösezahlung für das Nießbrauchsrecht zu nachträglichen Anschaffungskosten, die auf den Grund und Boden sowie das Gebäude aufzuteilen sind. Nutzt der neue Eigentümer das Wirtschaftsgut zum Zwecke der Einkünfteerzielung, sind die nachträglichen Anschaffungskosten eigenständig neben den nach § 11d EStDV fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzuschreiben.[5]

[2] Brandis, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 7 EStG Rz. 189.
[3] BFH v. 7.6.1994, X R 33, 34/92, BStBl II 1994, 927.
[5] Anzinger, in H/H/R, EStG/KStG, § 7 EStG...

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