1.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das JStG 1996 im Zusammenhang mit der Umgestaltung des bisherigen Kinderlastenausgleichs zum sog. Familienleistungsausgleich mit Geltung ab Vz 1996 eingefügt (zur Rechtsentwicklung s. § 31 EStG Rz. 3ff.). § 64 Abs. 3 S. 3 und 4 EStG wurde durch das FamFG v. 22.12.1999[1] neu gefasst. Danach können über die bisherigen Fälle hinaus mehrere Berechtigte auch dann einen von ihnen zum Empfänger des Kindergelds bestimmen, wenn keiner von ihnen dem Kind Unterhalt zahlt. Eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, die nur bei fehlender Bestimmung erforderlich ist (§ 64 Abs. 2 S. 4 EStG), kann sich dann erübrigen.

Mit dem FGG-ReformG v. 17.12.2008[2] wurde m. W. v. 1.9.2008 in § 64 Abs. 2 S. 3 EStG die durch das FGG geänderte Rechtslage angepasst und der Übergang der Aufgaben vom Vormundschaftsgericht auf das Familiengericht berücksichtigt.

Mit der Bekanntmachung v. 8.10.2009[3] wurde das EStG neu gefasst. Die Vorschrift des § 64 EStG blieb unverändert.

[1] BStBl I 2000, 4.
[2] BGBl I 2008, 2586.
[3] BStBl I 2009, 3366.

1.2 Bedeutung

 

Rz. 2

Die Regelung entspricht § 3 BKGG a. F.[1] § 3 BKGG n. F. wurde inhaltlich entsprechend gefasst. Da nach §§ 62, 63 EStG für dasselbe Kind regelmäßig mehrere Berechtigte anspruchsberechtigt sind (Anspruchskonkurrenz), das Kindergeld aber nur einmal einem Berechtigten gezahlt wird (Einmalgewährung, Aufteilungsverbot; § 64 Abs. 1 EStG), ist eine Regelung über die Rangfolge für das Zusammentreffen mehrerer Anspruchsberechtigter (z. B. Mutter und Vater; Eltern und Großeltern) zur Vermeidung von Doppelleistungen erforderlich. Das Gesetz orientiert sich dabei grundsätzlich am Obhutsprinzip (Haushaltsaufnahme, § 64 Abs. 2 S. 1 EStG), da nach der Lebenserfahrung derjenige, der das Kind in seiner Obhut hat, mit dem Kindesunterhalt am meisten belastet ist.[2] Diese Regelung entspricht auch dem Kindeswohl am ehesten.[3] Bei Aufnahme in den gemeinsamen Haushalt gleichartig Berechtigter (Eltern, Elternteil und dessen Ehegatte, Pflegeeltern, Großeltern), bestimmen diese den Berechtigten, anderenfalls das Familiengericht (§ 64 Abs. 2 S. 2–4 EStG). Bei nicht gleichartig Berechtigten (Eltern und Großeltern) wird das Kindergeld einem Elternteil gezahlt, es sei denn, der Elternteil verzichtet auf den Vorrang (§ 64 Abs. 2 S. 5 EStG. Bei fehlender Haushaltsaufnahme regelt sich der Vorrang nach der Unterhaltsrentengewährung (§ 64 Abs. 3 EStG).

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