8.1 Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1

8.1.1 Sachlicher Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1 und S. 2)

 

Rz. 20

§ 50j Abs. 1 S. 1 EStG ist ausweislich seines Wortlauts nur auf Kapitalerträge nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG anwendbar, d. h. wie auch bei § 36a EStG (§ 36a EStG Rz. 15) auf Dividenden aus im Inland girosammelverwahrten Aktien und Genussrechten (§ 43 EStG Rz. 40a ff.).

§ 50j Abs. 1 S. 2 EStG erweitert – wie auch § 36a Abs. 1 S. 4 EStG – den Anwendungsbereich zudem auf Dividenden aus Aktien und Genussrechten inländischer Emittenten, die im Ausland girosammelverwahrt werden. § 50j Abs. 1 S. 2 EStG erfasst nach der Entwurfsbegründung zu § 36a Abs. 1 S. 4 EStG vorsorglich Fälle, in denen Aktien oder Genussrechte inländischer Emittenten nicht bei der Clearstream Banking AG, sondern bei einem ausländischen Zentralverwahrer verwahrt werden.[1]

[1] BT-Drs. 18/10506, 79 unter Verweis auf BT-Drs. 18/8739, 111.

8.1.2 Keine Besteuerung oder niedrigerer Steuersatz als 25 %

 

Rz. 21

Nach § 50j Abs. 1 S. 1 EStG dürfen die Kapitalerträge (Rz. 20) nach einem DBA nicht oder nur nach einem Steuersatz unterhalb des Steuersatzes des § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG besteuert werden, d. h. der Steuersatz muss weniger als 25 % betragen. D. h., § 50j EStG ist nur anwendbar, wenn der jeweilige Artikel des DBA für Dividenden (entsprechend Art. 10 OECD-MA) eine Privilegierung für Kapitalerträge enthält.[1] Beträgt der Steuersatz nach dem DBA mindestens 25 %, so ist § 50j EStG nicht anwendbar.

[1] Reiter, in Lademann, Beschränkte Steuerpflicht in Deutschland, 2018, § 50j EStG Rz. 20.

8.1.3 "Ungeachtet dieses Abkommens"

 

Rz. 22

Nach dem Wortlaut des § 50j Abs. 1 S. 1 EStG besteht der Anspruch auf Entlastung nach § 50c Abs. 3 EStG nur "ungeachtet dieses Abkommens", d. h. ungeachtet des Abkommens, das den ermäßigten bzw. reduzierten Steuersatz gewährt. Damit verdeutlicht der Gesetzgeber, dass, soweit erforderlich, die DBA überschrieben werden.[1] Damit handelt es sich bei § 50j Abs. 1 S. 1 EStG um einen "treaty override".[2]

[1] BT-Drs. 18/10506, 79.
[2] Krit. Gosch, in Kirchhof/Seer, EStG, 2021, § 50j EStG Rz. 1; Ettlich, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 50j EStG Rz. 1; Reiter, in Lademann, Beschränkte Steuerpflicht in Deutschland, 2018, § 50j EStG Rz. 21.

8.2 Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 3

8.2.1 Abs. 1 S. 1. Nr. 1

 

Rz. 23

§ 50j Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bestimmt, dass der Gläubiger der Kapitalerträge während der nach § 50j Abs. 2 EStG vorgeschriebenen Mindesthaltedauer ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der den Kapitalerträgen zugrunde liegenden Anteil sein muss. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass entsprechend § 36a EStG der innerstaatliche Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers gem. § 39 AO und nicht der abkommensrechtliche Begriff des Nutzungsberechtigten verwendet wird.[1] Es handelt sich um eine Prüfung des innerstaatlichen Rechts (§ 39 AO) und nicht um eine Auslegung für die Zwecke der Anwendung von DBA.[2] Die Norm ist wortgleich mit § 36a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Daher wird im Übrigen auf die Ausführungen in § 36a EStG Rz. 25f. verwiesen.

[1] BT-Drs. 18/10506, 79.
[2] BT-Drs. 18/10506, 79.

8.2.2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Rz. 24

Nach § 50j Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG muss der Gläubiger der Kapitalerträge während der nach § 50j Abs. 2 EStG vorgeschriebenen Mindesthaltedauer ununterbrochen das Mindestwertänderungsrisko nach § 50j Abs. 3 EStG tragen (Rz. 28). Die Regelung ist wortgleich zu § 36a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG formuliert und basiert auf der gleichen Begründung[1] Daher wird auf die Kommentierung zu § 36a EStG Rz. 27 verwiesen.

[1] BT-Drs. 18/10506, 79.

8.2.3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3

 

Rz. 25

Nach § 50j Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG darf der Gläubiger der Kapitalerträge nicht verpflichtet sein, diese ganz oder überwiegend, unmittelbar oder mittelbar einer anderen Person zu vergüten. Auch diese Regelung entspricht § 36a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG und basiert auf der gleichen Begründung.[1] Siehe die Kommentierung zu § 36a EStG Rz. 28f.

Die Regelung des § 50j Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG hat zur Folge, dass die Erstattung dann ausgeschlossen ist, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge aufgrund einer Wertpapier-Leihe oder eines Repo-Geschäftes verpflichtet ist, die Dividende weiterzuleiten.[2] Das bedeutet, dass etwa ein Entleiher von Aktien, der zu einer Kompensationszahlung an den Verleiher verpflichtet ist, keine Steuerentlastung geltend machen kann.[3]

[1] BT-Drs. 18/10506, 79.
[2] BT-Drs. 18/10506, 80 unter Hinweis auf die Begründung in BT-Drs. 18/8739, 113; BMF v. 13.10.2017, IV B 3 – S 2411/15/10001-04, zu 4.), n. v.
[3] BMF v. 13.10.2017, IV B 3 – S 2411/15/10001-04, zu 4.), n. v.

8.3 Voraussetzungen des Abs. 2

8.3.1 Allgemein

 

Rz. 26

§ 50j Abs. 2 bestimmt die Mindesthaltedauer der den Kapitalerträgen zugrunde liegenden Anteile. Diese Regelung entspricht § 36a Abs. 2 EStG.[1]

Der Mindesthaltezeitraum beträgt wie in § 36a Abs. 2 S. 1 EStG 45 Tage. Ausweislich der Gesetzesbegründung schließt dies in Abgrenzung zum Begriff "Handelstage" auch Samstage, Sonntage und gesetzlich anerkannte Feiertage ein.[2]

[1] BT-Drs. 18/10506, 79.
[2] BT-Drs. 18/10506, 79.

8.3.2 Analoge Anwendung des BMF-Schreibens zu § 36a EStG v. 3.4.2017

 

Rz. 26a

Eine analoge Anwendung der Rz. 3 und 4 des BMF-Schreibens zu Anwendungsfragen zur Beschränkung der Anrechenbarkeit der KapESt nach § 36a EStG[1] für die Erstattungsanträge, die unter § 50j EStG fallen, wird vom BZSt hinsichtlich der Bestimmung des Mindesthal...

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