3.1 Regelmäßige Auflösung

 

Rz. 35

Die Auflösung des Ausgleichspostens ist grundlegend in § 4g Abs. 2 EStG geregelt. Zu unterscheiden ist zwischen der regelmäßigen, ratierlichen Auflösung, sowie den Ersatztatbeständen, die eine Zwangsauflösung in voller Höhe zur Folge haben.

Generell ist der Ausgleichsposten im Wirtschaftsjahr seiner Bildung sowie in den folgenden 4 Wirtschaftsjahren zu je 20 % ratierlich aufzulösen. Da die erste Auflösung bereits im Jahr der Bildung erfolgt, ergibt sich im Ergebnis eine Stundung lediglich über 4 Wirtschaftsjahre, denn zum Ende des ersten Wirtschaftsjahres sind lediglich noch 80 % des Ausgleichspostens in der Steuerbilanz (bzw. der Nebenrechnung) vorhanden. Erfolgt die Überführung des Wirtschaftsguts und Bildung des Ausgleichspostens bei dem, dem Kj. gleichen Wirtschaftsjahr im Dezember, wird die Stundung über lediglich 4 Jahre besonders deutlich.

Eine monatsanteilige Auflösung des Ausgleichspostens erfolgt nicht. Aufgrund des klaren Wortlauts der Regelung muss eine Auflösung von 20 % im Jahr der Bildung unabhängig davon erfolgen, in welchem Monat der Ausgleichsposten gebildet wurde. Auch erfolgt die Auflösung unabhängig davon, ob das Jahr der Bildung ein Rumpfwirtschaftsjahr ist.[1] Wird ein bisher vom Kj. abweichendes Wirtschaftsjahr auf das Kj. umgestellt und wird der Ausgleichsposten noch im alten Wirtschaftsjahr gebildet, kann dies dazu führen, dass in einem Vz bereits 40 % des Ausgleichspostens aufzulösen und zu versteuern sind. Eine faktisch monatsweise Auflösung ist denkbar in den Fällen, in denen für Zwecke des § 8c KStG eine zeitanteilige Einkünfteermittlung für Zwecke des anteiligen Verlustuntergangs im Erwerbsjahr festzustellen ist.

 

Rz. 36

Die ratierliche Auflösung des Ausgleichspostens nach § 4g EStG erfolgtlosgelöst von der Qualifikation und den Eigenschaften des Wirtschaftsguts (materiell oder immateriell, abnutzbar oder nicht abnutzbar, Restnutzungsdauer). Die pauschale Auflösung des Ausgleichspostens erfolgt grundsätzlich auch dann, wenn die tatsächliche Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts weniger oder mehr als 5 (respektive 4) Jahre beträgt. Wird das Wirtschaftsgut im ausl. Staat unter Zugrundelegung einer kürzeren Nutzungsdauer abgeschrieben, ergibt sich in der Summe ein Vorteil für den Stpfl., sofern den höheren Abschreibungen tatsächliche Steuerersparnisse im ausl. Staat gegenüberstehen (entsprechend umgekehrt bei einer längeren Abschreibungsdauer).

Sofern das Wirtschaftsgut nach Ablauf der Restnutzungsdauer aus dem Betriebsvermögen der ausl. Betriebsstätte ausscheidet, ergibt sich allerdings eine Zwangsauflösung des Postens (s. hierzu Rz. 37). Die Auflösungsbeträge des Ausgleichspostens sind gemäß der ursprünglichen Einkunftsqualifikation als laufender Gewinn zu behandeln. Wurden z. B. Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen, für die die Entstrickungsregelung des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG bzw. § 12 Abs. 1 KStG gilt, ist auf den Gewinn entsprechend das Teileinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Buchst. a) EStG bzw. § 8b Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 KStG anzuwenden.

[1] Heinicke, in Schmidt, EStG, 2021, § 4g EStG Rz. 10; Goebel/Jenet/Franke, IStR 2010, 235.

3.2 Ersatztatbestände

 

Rz. 37

Ein (noch) bestehender Ausgleichsposten ist insgesamt aufzulösen, sofern einer der in § 4g Abs. 2 S. 2 EStG normierten Ersatztatbestände erfüllt ist. Der Gesetzgeber wollte hiermit wohl eine Begünstigung des Stpfl. "über Gebühr" vermeiden. Mit anderen Worten soll die Begünstigung des § 4g EStG in pauschalierender Weise die Europarechtstauglichkeit des gesetzgeberischen Entstrickungskonzepts herstellen, darüber hinaus jedoch keine Begünstigungen schaffen. Dementsprechend knüpfen die Ersatzrealisationstatbestände an Sachverhalte an, bei denen die stillen Reserven des Wirtschaftsguts nach inländischen und sogar nach ausl. Rechtsmaßstäben aufzudecken wären (Meistbegünstigungsprinzip für den Fiskus). Die Regelung wurde im Zuge des ATADUmsG[1] grundlegend überarbeitet. Gleichwohl enthält das Artikelgesetz keine besondere Anwendungsregelung für die Neufassung, sodass diese erstmalig auf Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, die nach dem 25.6.2021 enden. Für frühere Wirtschaftsjahre gilt hingegen noch die alte Fassung.

Weiterhin soll eine Auflösung in aktueller Fassung auch dann erfolgen, sofern die physische Präsenz des Wirtschaftsguts das Hoheitsgebiet des EU-/EWR-Raums verlässt. Insoweit soll wohl die Herstellung der Europarechtstauglichkeit durch die Norm nicht notwendig sein. Schließlich erfolgt eine Auflösung, sofern die Einziehung der Steuer gefährdet sein könnte.

Die Aufzählung in § 4g Abs. 2 S. 2 EStG (inkl. der in § 36 Abs. 5 S. 4 EStG) ist abschließend. Weitere Ersatztatbestände – abgesehen von der Verletzung der Mitwirkungspflicht gem. § 4g Abs. 5 S. 2 EStG – können auch nicht über einen Analogieschluss zur Auflösung des Ausgleichspostens führen. Aufgrund der Bildung eines Ausgleichspostens je Wirtschaftsgut muss auch die Betrachtung der Ersatzrealisationstatbestände ebenfalls bezogen auf das jeweilige Wirtschaftsgut erfolgen.[2]

Eine Ausna...

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