Rz. 31

Die Ausnahmeregelung für die Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebs oder gesamten Mitunternehmeranteils soll ausweislich der Gesetzesbegründung und nach der Auffassung von Teilen der Literatur nicht gelten, "wenn die unternehmerische Tätigkeit aufgrund von Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungssteuergesetz in anderer Rechtsform oder durch einen anderen Rechtsträger fortgesetzt wird".[1] Der Umwandlungssteuererlass verweist noch auf die alte Verwaltungsauffassung vor Einführung des § 4f EStG.[2] In ihrem Schreiben zu §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG beschränkt sich die Finanzverwaltung auf einen (knappen) Hinweis zu Umwandlungen oder Einbringungen von Teilbetrieben[3], der hinsichtlich der Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Betriebs nur bedingt Klarheit zu schaffen vermag.[4] Zum Teil wird in der Literatur daraus der Schluss gezogen, dass die Finanzverwaltung nur die in § 4f Abs. 1 EStG enthaltene Regelung zu Teilbetrieben, nicht aber die zu ganzen Betrieben auf Umwandlungen anwenden will.[5] Dagegen könnte sprechen, dass die Finanzverwaltung in ihrem Entwurf des Schreibens zu §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG vom November 2016 explizit die Auffassung vertrat, dass die Ausnahme für die Veräußerung oder Aufgabe ganzer Betriebe bei Umwandlungen nach dem UmwStG keine Anwendung finde.[6] Es könnte für einen Meinungswandel der Finanzverwaltung sprechen, dass diese Aussage im finalen Schreiben nicht mehr enthalten ist. Vollständige Klarheit schafft dies allerdings nicht. M.E. sollte die Ausnahme für Betriebsveräußerungen und -aufgaben im Rahmen von Umwandlungen angewendet werden. Denn anderenfalls würde z. B. eine natürliche Person, die ihren ganzen Betrieb oder gesamten Mitunternehmeranteil nach § 20 Abs. 1 UmwStG in eine GmbH einbringt und daher anschließend keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) erzielt, den Aufwand aus der Realisierung etwaiger stiller Lasten nur über 15 Wirtschaftsjahre verteilt abziehen können. Für diesen Fall würde man also akzeptieren, dass nachträgliche, negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb entstehen. Das erscheint inkonsequent.[7]

 

Rz. 32

Im Übrigen muss zwischen Umwandlungen zum Buchwert und zum gemeinen Wert (oder zum Zwischenwert) differenziert werden. Erfolgt die Umwandlung zum Buchwert, finden die Passivierungsbeschränkungen, die der übertragende Rechtsträger zu beachten hatte, auch beim übernehmenden Rechtsträger Anwendung. Problematisch können also nur Fälle sein, in denen die Umwandlung zum gemeinen Wert (oder zum Zwischenwert) erfolgt.[8] Stille Lasten können in diesen Fällen in der steuerlichen Schlussbilanz aufgedeckt werden, für die die Bilanzierungsvorbehalte des § 5 EStG nicht gelten.[9] Zum Teil wird deshalb vertreten, dass § 4f EStG bei Umwandlungen (jedenfalls aber bei Verschmelzungen von Körperschaften) generell keine Anwendung finden solle.[10] Für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gelten auch bei Umwandlungen zum gemeinen Wert oder zu Zwischenwerten Sonderregeln, die § 4f EStG vorgehen und eine verpflichtende Übertragung zum § 6a EStG-Wert vorsehen (§ 3 Abs. 1 S. 2, 11 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 2 S. 1, 2. Halbs., § 24 Abs. 2 S. 1, 2. Halbs. UmwStG).

Auch wenn es beim Formwechsel zivilrechtlich nicht zur Übertragung einer Schuld kommt, ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung jedenfalls den kreuzenden Formwechsel als Veräußerungs- bzw. Anschaffungsgeschäft behandelt und § 4f EStG zur Anwendung bringen will.[11] Stpfl. könnten jedoch versuchen, dem unter Hinweis auf die zivilrechtliche Rechtslage entgegen zu treten.

 

Rz. 33

Daneben stellt sich die Frage, ob bei Umwandlungen des ursprünglich Verpflichteten im Anschluss an die Übertragung einer Verpflichtung, auf die § 4f EStG anwendbar ist, der über 15 Wirtschaftsjahre zu streckende Aufwand auf den übernehmen Rechtsträger übergeht. Nach vorzugswürdiger Auffassung ist das nur dann der Fall, wenn der übertragender Rechtsträger bei der Umwandlung untergeht.[12] Die vereinzelt vertretene, weitergehende Literaturauffassung, wonach der zu verteilenden Aufwand stets auf den übertragenden Rechtsträger übergehen soll[13], dürfte vor allem der Tatsache geschuldet sein, dass die Vertreter dieser Auffassung bei Umwandlungen die Ausnahme für Betriebsveräußerungen und -aufgaben nicht zur Anwendungen bringen wollen, aber dennoch nach einem Weg suchen, Umwandlungen ohne zusätzliche Belastungen aus den §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG zu ermöglichen. Ihre dazu vorgeschlagene Lösung ist, den über 15 Wirtschaftsjahre zu streckenden Aufwand mit dem über 15 Wirtschaftsjahre zu streckenden Erwerbsgewinn beim übernehmenden Rechtsträger zusammenzuführen, wo sich diese beiden Effekte ausgleichen sollen. 

 
Hinweis

§ 4f Abs. 1 S. 3 EStG gilt wohl auch für Umwandlungsfälle

Entgegen der in der Gesetzesbegründung geäußerten Auffassung sollte die Ausnahmeregelung für die Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Betriebs oder gesamten Mitunternehmeranteils auch in Umwandlungsfällen Anwendung f...

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