Rz. 27

Zahlstelle i. S. d. § 4 Abs. 1 ZIV ist jeder Wirtschaftsbeteiligte, der dem in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem der in § 16a Abs. 2 ZIV benannten Gebiete (Rz. 45ff.) steuerlich ansässigen wirtschaftlichen Eigentümer grenzüberschreitend Zinsen zahlt oder Zinsen zu dessen Gunsten einzieht. Wirtschaftsbeteiligter i. d. S. ist jede natürliche oder juristische Person, die in Ausübung ihres Berufs oder ihres Gewerbes (z. B. Banken, Vermögensverwalter, Vermögensverwaltungsgesellschaften, Rechtsanwälte, Notare) Zinszahlungen tätigt oder Zinsen einzieht. Wer Schuldner der Kapitalerträge ist, ist dabei ohne Bedeutung. Erfolgt die Zinszahlung über eine oder mehrere Zwischenstationen, gilt nur der letzte unmittelbar zahlende oder einziehende Wirtschaftsbeteiligte als Zahlstelle i. S. d. ZIV.[1]

 

Rz. 28

Aufgabe der Zahlstelle ist es, die Identität und den Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers zu ermitteln (Rz. 9f.) und die Daten zu grenzüberschreitenden Zinszahlungen im Lauf des Kalenderjahrs an in anderen EU-Mitgliedstaaten oder den in § 16a Abs. 2 ZIV benannten Gebieten (Rz. 45ff.) ansässige wirtschaftliche Eigentümer bis zum 31.5. des Folgejahrs nach § 8 ZIV an das BZSt zu übermitteln. Die Ansässigkeit i. S. d. § 8 S. 1 ZIV bestimmt sich nach Ansicht des BMF nach dem von der Zahlstelle nach § 3 ZIV ermittelten Wohnsitz, wobei auf die ständige Anschrift abzustellen ist.[2]

 

Rz. 28a

Zum 1.7.2013 ist Kroatien der Europäischen Union beigetreten. Deutsche Zahlstellen sind für Zuflüsse ab dem 1.7.2013 verpflichtet, dem BZSt diesbezüglich grenzüberschreitende Zinszahlungen gem. § 8 ZIV auf elektronischem Weg zu übermitteln.

 

Rz. 29

Da für Zwecke der Meldeverpflichtung nach § 8 ZIV auf die ständige Anschrift (Ansässigkeit) abzustellen ist, kann eine Meldeverpflichtung auch dann anzunehmen sein, wenn der wirtschaftliche Eigentümer gem. § 1 EStG aufgrund eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist. In diesen Fällen würde neben den KapESt-Abzug im Inland eine Meldung nach § 8 ZIV treten.

 

Rz. 29a

Zur Vermeidung unbilliger Härten für Personen, die der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 2 EStG unterliegen, ist für Zwecke der ZIV von der Ansässigkeit im Inland auszugehen, obwohl bei diesen Personen regelmäßig eine ständige Anschrift im Ausland festgestellt wird.[3] Die Ansässigkeit wird in diesen Fällen nicht nach dem Staat der Akkreditierung oder des tatsächlichen Aufenthalts festgestellt, sondern nach dem Entsendestaat. Ist der Entsendestaat ein EU-Mitgliedstaat, ist trotz des tatsächlichen Wohnsitzes im Inland eine Datenübermittlung nach § 8 ZIV in das Land des Entsendestaats vorzunehmen.

 

Rz. 30

Bei einer Änderung des Wohnsitzes des wirtschaftlichen Eigentümers ist die Zahlstelle grundsätzlich nicht zu Nachforschungen verpflichtet. Teilt der wirtschaftliche Eigentümer der Zahlstelle allerdings einen Wechsel des Wohnsitzes mit, sind die Daten des neuen Wohnsitzes wiederum anhand der im Pass oder Personalausweis angegebenen Adresse oder anhand eines anderen beweiskräftigen Dokuments festzustellen. Als Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels gilt aus Vereinfachungsgründen der Zeitpunkt der Anzeige des Wohnsitzwechsels, wenn die Zahlstelle nicht eine rückwirkende Änderung der Wohnsitzdaten zum Zeitpunkt des Umzugs auf der Basis geeigneter Nachweise (Abmelde- oder Anmeldebescheinigung) akzeptiert.[4]

 

Rz. 31

Für die Datenübermittlung an das BZSt schreibt § 45e S. 2 EStG die entsprechende Anwendung von § 45d Abs. 1 S. 2 bis 4 EStG vor (§ 45d EStG Rz. 19ff.). Meldungen aufgrund der ZIV sind nur auf dem elektronischen Weg über das BZSt-Online-Portal möglich. Nähere Informationen über das Registrierungs- und Meldeverfahren sind unter www.bzst.de in der Rubrik "EU-Zinsrichtlinie" zu finden.

 

Rz. 32

Eine Zahlstelle i. S. v. § 4 Abs. 2 ZIV erfasst grenzüberschreitende Zinszahlungen, die nicht zugunsten einer einzelnen natürlichen Person erfolgen. Der von der ZIV für diese Art von Zahlstelle verwendete Begriff "Einrichtung" bezeichnet nicht körperschaftsteuerpflichtige Personenzusammenschlüsse, z. B. GbR und sonstige Personenvereinigungen. Eine solche Einrichtung gilt bereits bei der Vereinnahmung der aus einem anderen EU-Mitgliedstaat stammenden grenzüberschreitenden Zinsen als Zahlstelle (Zahlstelle kraft Vereinnahmung), nicht erst bei deren Auszahlung an den wirtschaftlichen Eigentümer. Mit der Vereinnahmung durch die Zahlstelle i. S. d. § 4 Abs. 2 ZIV gilt die Zinszahlung an den wirtschaftlichen Eigentümer als durch diese Zahlstelle geleistet (§ 6 Abs. 4 ZIV).

 

Rz. 33

Eine "Einrichtung" ist allerdings nicht in jeder Personenmehrheit[5] zu sehen. Bei Gemeinschaftskonten von Ehegatten/eingetragenen Lebenspartnern, Lebensgemeinschaften oder Erbengemeinschaften ist nur dann von einer "Einrichtung" auszugehen, wenn es sich um einen Personenzusammenschluss handelt, an dem weitere Personen als die Kontoinhaber beteiligt sind. Ist dies nicht der Fall oder bestehen hierfür kein...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge