3.6.1 Begriffsbestimmung

 

Rz. 38

Nettolohnvereinbarung ist die Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass dem Arbeitnehmer ein bestimmter Betrag als Arbeitslohn netto zufließen soll. Der Arbeitgeber kann dabei bestimmte oder alle Lohnabzüge übernehmen (LSt, SolZ, KiSt, Sozialversicherungsbeiträge). Eine Nettolohnvereinbarung muss die Willenserklärung (ausdrücklich oder stillschweigend) des Arbeitgebers enthalten, die Steuern des Arbeitnehmers übernehmen und ihm dadurch einen zusätzlichen Vorteil zuwenden zu wollen. Das liegt nicht vor, wenn die LSt hinterzogen werden soll; dann sollen Steuern gerade nicht abgeführt, also auch nicht vom Arbeitgeber übernommen werden[1]. Eine Nettolohnvereinbarung bedeutet steuerlich, dass der ausgezahlte Nettolohn vorschriftsmäßig um die LSt gekürzt ist[2].

 

Rz. 39

Die bei der Nettolohnvereinbarung vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zu tragenden Abzugsbeträge, die dem Nettolohn hinzugerechnet den Bruttolohn ergeben, sind Teil des Arbeitslohns des Arbeitnehmers. Dieser Teil des Arbeitslohns fließt dem Arbeitnehmer i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG zusammen mit der Auszahlung des Nettolohns zu. Da der Arbeitgeber bei der Nettolohnvereinbarung aus der Sicht des Arbeitnehmers mit der Auszahlung des Nettolohns den Bruttoarbeitslohn "vorschriftsmäßig gekürzt" hat, wird der Arbeitnehmer von seiner Steuerschuld befreit, sodass die einbehaltene LSt bei der Veranlagung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die ESt-Schuld des Arbeitnehmers anzurechnen ist[3].

 

Rz. 40

Die Nettolohnvereinbarung ist primär ein arbeitsrechtlicher Vorgang[4]. Nettolohnvereinbarungen sind grundsätzlich steuerlich anzuerkennen[5]. Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus der Nettolohnvereinbarung sind daher nicht im Finanzrechtsweg auszutragen[6]. Die Nettolohnvereinbarung berührt die steuerliche Seite der Lohnzahlung insofern nicht, als der Arbeitnehmer Steuerschuldner der einzubehaltenden LSt bleibt[7]. ­Insbesondere wenn der Arbeitnehmer bei seiner Inanspruchnahme sich auf die Nettolohnvereinbarung beruft, ist ein einwandfreier Nachweis erforderlich[8].

 

Rz. 41

Eine Nettolohnvereinbarung bedeutet grundsätzlich nicht, dass der Arbeitgeber eine LSt-Nachforderung übernimmt (z. B. im Rahmen einer LSt-Außenprüfung). Der nachzufordernde Betrag ist nicht nach Nettolohngrundsätzen zu ermitteln[9].

 

Rz. 42

Die Erklärung gegenüber dem FA, die LSt übernehmen zu wollen (z. B. bei einer Nachforderung aufgrund einer Außenprüfung), begründet für den Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Freistellung von der LSt. Insoweit steht dem Arbeitgeber ein Rückforderungsanspruch zu. Erst wenn er auf diesen verzichtet (oder wenn aus z. B. tarifrechtlichen Gründen eine Rückforderung unzulässig ist), ergibt sich beim Arbeitnehmer ein Lohnzufluss[10]. Der Verzicht auf die Rückforderung muss nicht ausdrücklich erklärt werden[11]. Es genügt, dass der Arbeitgeber durch sein Verhalten zu erkennen gibt, keine Ansprüche erheben zu wollen.

 

Rz. 43

Es hängt von den Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab, ob der Arbeitgeber einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Erstattung der übernommenen LSt und sonstiger Abgaben hat. Unterlässt der Arbeitgeber die Geltendmachung eines solchen Anspruchs, so hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, wann darin ein Verzicht zu erblicken ist. Im Allgemeinen wird man einen Verzicht annehmen können, wenn in der der Zahlung durch den Arbeitgeber folgenden Lohnzahlung keine Einbehaltung erfolgt oder sonst keine Vereinbarung über eine (spätere) Rückzahlung getroffen wird.

 

Rz. 44

In dem Verzicht auf den Anspruch gegenüber dem Arbeitnehmer liegt die Zuwendung eines Vorteils, der selbst wiederum steuerpflichtig ist. Der Vorteil besteht grundsätzlich nur in Höhe der zu entrichtenden LSt, nicht in Höhe der zu entrichtenden LSt und der wiederum hierauf zu entrichtenden Steuer[12].

 
Praxis-Beispiel

Arbeitgeber übernimmt Lohnsteuernachforderung

Bei dem Arbeitnehmer A blieb im Jahr 01 ein Arbeitslohn von 1.000 EUR unversteuert. Die darauf entfallende Steuer von 220 EUR will der Arbeitgeber übernehmen. Er führt die Steuer im Jahr 03 an das FA ab. Die LSt von 220 EUR ist ­Arbeitslohn des Jahres 03 und unterliegt im Zeitpunkt des Zuflusses dem Steuerabzug.

 

Rz. 45

Eine Nettolohnversteuerung liegt nicht vor bei Übernahme der LSt durch den Arbeitgeber in den Fällen der Pauschalierung.

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