2.1 Inkrafttreten

 

Rz. 5

§ 36a EStG ist durch Art. 3 des Investmentsteuerreformsteuergesetzes (InvStRefG) v. 19.7.2016[1] eingeführt worden und nach Art. 11 Abs. 1 InvStRefG am 27.7.2016 in Kraft getreten.

[1] BGBl I 2016, 1730.

2.2 Anwendbarkeit

2.2.1 Zufluss von Kapitalerträgen ab dem 1.1.2016

 

Rz. 6

§ 36a EStG ist nach § 52 Abs. 35c S. 1 EStG aber bereits erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1.1.2016 zufließen, und ist daher rückwirkend auf in diesem Zeitraum zugeflossenen Kapitalerträge anzuwenden. In der Praxis ist die Rückwirkung des § 36a EStG zum 1.1.2016 im Hinblick auf dessen Auswirkungen auf die Dividendenbesteuerung jedoch kritisch zu sehen, da die sog. "Dividendensaison", die regelmäßig im April/Mai eines jeden Jahres stattfindet, bei Inkrafttreten des § 36a EStG Ende Juli 2016 bereits abgelaufen ist.[1]

 

Rz. 7

Es liegt zunächst keine echte Rückwirkung vor, da diese im Steuerrecht nach der Rspr. des BVerfG nur dann vorliegt, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert.[2] Da nach § 38 AO i. V. m. § 36 Abs. 1 EStG die ESt mit dem Ablauf des Vz entsteht, kann keine echte Rückwirkung vorliegen, da die Steuerschuld für den Vz 2016 im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 36a EStG (27.7.2016) noch nicht entstanden ist. Nach Ansicht des Gesetzgebers liegt lediglich eine verfassungsrechtlich unbeachtliche unechte Rückwirkung vor.[3] Eine unechte Rückwirkung liegt dagegen nach der Rspr. des BVerfG immer dann vor, soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung").[4]Grenzen einer grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung können sich nach der Rspr. nur aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben.[5] Diese Grenzen sind nach Ansicht des BVerfG erst dann überschritten, wenn die unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.[6]

 

Rz. 8

Verfassungsrechtlich ist die unechte Rückwirkung des § 36a EStG dagegen trotz der berechtigten Kritik für die steuerliche Praxis wohl zulässig, da das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber im Hinblick auf Rückwirkungen innerhalb eines laufenden Veranlagungszeitraumes einen weitgehenden Spielraum zugebilligt hat.[7] Zudem ist zu berücksichtigen, dass gewichtige Gründe nach der Rspr. des BVerfG selbst unechte Rückwirkungen, die sich auf Veranlagungszeiträume davor auswirken, rechtfertigen können.

[1] Ähnlich Kempf/Hirtz, DStR 2016, 1, 8; krit. auch Gosch, in Kirchhof, EStG, 2017, § 36a EStG, Rz. 4; Ettlich, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 36a EStG, Rz. 23.
[3] BT-Drs. 17/8045, 140.

2.2.2 Zufluss von Kapitalerträgen vor dem 1.1.2016

 

Rz. 9

§ 36a EStG ist auf zugeflossene Kapitalerträge vor dem 1.1.2016 nach § 52 Abs. 35c S. 1 EStG nicht anwendbar.

 

Rz. 9a

Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt unter bestimmten Voraussetzungen aber ein Missbrauch von Steuergestaltungen nach § 42 AO vor.[1] Das ergibt sich daraus, dass die Finanzverwaltung aufgrund des § 36a Abs. 7 AO, wonach § 42 AO "unberührt bleibt" selbst für Kapitalerträge, die ab dem 1.1.2016 zufliessen, von einer parallelen Anwendbarkeit des § 42 AO ausgeht. Für den Zufluss von Kapitalerträgen ab dem 1.1.2016 sei aber § 36a EStG "vorrangig" anzuwenden.[2]

Zum Verhältnis zu § 42 AO siehe Rz. 82ff.

2.3 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 9b

§ 36a Abs. 4 EStG, der die Anzeigepflicht insbesondere bei unterlassenem Steuerabzug regelt, wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ("JStG 2019") vom 12.12.2019[1] m. W. v. 18.12.2019 grundlegend geändert. Die Vorschrift wurde in drei Nrn. gegliedert, wobei Nr. 2 und 3 neu formuliert bzw. neu eingefügt wurden: Nach altem Recht musste gegenüber dem zuständigen FA eine Anzeige erstattet werden und eine Zahlung in Höhe des unterbliebenen Steuerabzugs auf Kapitalerträge geleistet werden. Nach neuem Recht muss erstens zunächst die Anzeige erstattet werden, zweitens (neu) KapESt i. H. v. 15 % der Kapitalerträge nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf elektronischem Weg angemeldet werden und drittens (neu formuliert) die "angemeldete Steuer" entrichtet werden. Nach der neuen Frist in § 36a Abs. 4 S. 2 EStG haben Anzeige, Anmeldung und Entrichtung bei Stpfl., die ihren Gewinn...

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