10.1 Allgemein

 

Rz. 63

In § 36a Abs. 5 EStG sind zwei Ausnahmetatbestände geregelt, nach denen unter bestimmten Voraussetzungen § 36a Abs. 1 bis 4 EStG nicht anzuwenden ist. D. h., bei Erfüllung der Ausnahmetatbestände gelten die Anrechnungsbeschränkungen des § 36a EStG nicht und die KapESt kann in voller Höhe angerechnet werden.

10.2 20.000 EUR-Grenze (§ 36a Abs. 5 Nr. 1 EStG)

10.2.1 Sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 64

Die Anrechnungsbeschränkung des § 36a Abs. 1 bis 4 EStG gilt zunächst nicht, wenn die Kapitalerträge im Vz nicht mehr als 20.000 EUR betragen. Wird die Grenze überschritten, ist § 36a Abs. 1 bis 4 EStG wiederum anwendbar. Umfasst sind von dieser Höchstgrenze[1]alle die in den sachlichen Anwendungsbereich des § 36a Abs. 1 S. 1 EStG einbezogenen Kapitalerträge i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG (Dividenden aus im Inland girosammelverwahrten Aktien und Genussrechten) sowie über § 36a Abs. 1 S. 4 EStG Dividenden aus Aktien und Genussrechten inländischer Emittenten, die im Ausland girosammelverwahrt werden.

 

Rz. 65

Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind zudem Kapitalerträge i. S. d. der vorerwähnten Normen einzubeziehen, die im Rahmen einer mittelbaren Anlage über Personengesellschaften erzielt werden.[2]

[1] Ettlich, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 36a EStG, Rz. 91.

10.2.2 Maßgeblicher Zeitraum

 

Rz. 66

Da § 36a Abs. 5 Nr. 1 EStG auf den Vz abstellt, ist das Kj. für die Berechnung der Grenzemaßgebend. Die Finanzverwaltung gewährt jedoch eine Nichtbeanstandungsregelung, wonach bilanzierende Stpfl. stattdessen auf das Wirtschaftsjahr und Investmentfonds auf das Geschäftsjahr abstellen können.[1]

10.2.3 Hintergrund der Vorschrift

 

Rz. 67

Hintergrund der 20.000 EUR-Grenze ist ausweislich der Gesetzesbegründung, dass sich der administrative und finanzielle Aufwand für eine Steuerumgehungsgestaltung nur bei entsprechend großer Steuerersparnis rechnen soll.[1] Weiter sollen auch Kleinanleger nicht mit dem Nachweis der Einhaltung der Mindesthaltedauer belastet werden.[2] Zudem wird in der Gesetzesbegründung angeführt, dass der Finanzverwaltung nur begrenzte Prüfungskapazitäten zur Verfügung stehen, die auf die fiskalisch relevanten Fälle konzentriert werden sollen.[3]

[1] BT-Drs. 18/8045, 135; BT-Drs. 18/8739, 114.
[2] BT-Drs. 18/8045, 135.
[3] BT-Drs. 18/8045, 135.

10.3 Wirtschaftlicher Eigentümer – ununterbrochene Mindestzeit (§ 36a Abs. 5 Nr. 2 EStG)

10.3.1 Allgemein

 

Rz. 68

Nach § 36a Abs. 5 Nr. 2 EStG ist die Anrechnungsbeschränkung des § 36a Abs. 1 bis 4 EStG zudem nicht anwendbar,wenn der Stpfl. bei Zufluss der Kapitalerträge seit mindestens einem Jahr ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien oder Genussscheine ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer Langfristanlage – die er ab einem Jahr Eigentum als gegeben ansieht – keine Steuerumgehungen zu erwarten sind.[1] Zum wirtschaftlichen Eigentum nach § 39 AO vgl. Rz. 25ff.

[1] BT-Drs. 18/8045, 135.

10.3.2 Berechnung der Frist

 

Rz. 69

Fristbeginn ist gem. § 36 Abs. 1 S. 1 EStG der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums. Nach Ansicht der Finanzverwaltung beenden "zwischenzeitliche (temporäre) Übertragungen des wirtschaftlichen Eigentums (z. B. durch Wertpapierdarlehen oder Wertpapierpensionsvertrag)" jedoch die Haltedauer und führen zu einem Neubeginn der Jahresfrist nach § 36a Abs. 5 Nr. 2 EStG.[1]

10.3.3 Anwendbarkeit der FIFO-Methode und Ausnahmen (§ 36a Abs. 5 Nr. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 36a Abs. 2 S. 2 EStG)

10.3.3.1 Allgemein

 

Rz. 70

In § 36a Abs. 5 Nr. 2 Halbs. 2 EStG wird § 36a Abs. 2 S. 2 EStG für entsprechend anwendbar erklärt, d. h.die FIFO-Methode ist grundsätzlich auch für die Berechnung der Jahresfrist anwendbar.[1]

 

Rz. 71

Von diesem Grundsatz ordnet die Finanzverwaltung im Anwendungsschreiben zu § 36a EStG jedoch Ausnahmen an. Danach ist die FIFO-Methode – entgegen der Rz. 97-99 des Anwendungsschreibens zur Abgeltungsteuer[2] – grundsätzlich einheitlich auf alle von dem Stpfl. gehaltenen Anteile oder Genussscheine anzuwenden. Grundsätzlich darf danach für die Zwecke des § 36a EStG keine isolierte Betrachtung von Depots bei verschiedenen Kreditinstituten oder von Unterdepots eines Depots bei einem Kreditinstitut erfolgen.[3]

 
Praxis-Beispiel

FIFO-Methode – einjährige Haltedauer

[4] Steuerpflichtiger S besitzt bei der Bank A ein Depot. Am 15.3.01 erwirbt S 1.000 X- AG Aktien, die in das Depot bei der Bank A eingebucht werden. Am 1.7.02 erwirbt S weitere 500 X-AG Aktien, die in sein Depot bei der Bank B eingebucht werden. S veräußert am 1.9.02 200 X-AG Aktien aus dem Depot bei der Bank B. Für die Zwecke des § 36a EStG gelten 200 der am 15.3.01 bei Bank A angeschafften X-AG Aktien als veräußert.

 

Rz. 72

Die Ausnahme gilt jedoch nur mit folgenden Einschränkungen: Anteile und Genussscheine, die von verschiedenen Rechtsträgern gehalten werden, sind gesondert zu betrachten, Anwendungsfälle sind u. a. (Spezial-)Investmentfonds und deren Anleger sowie Personengesellschaften und deren Gesellschafter. Auch Anteile oder Genussscheine, die handels- und / oder aufsichtsrechtlich verschiedenen Vermögensgruppen zugeordnet werden, sind gesondert zu betrachten. Die Finanzverwaltung nennt als Beispiele die Unterscheidung zwischen Anlagebestand, Handelsbestand und Liqu...

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