Rz. 66

Seitdem 1.1.2009 kann eine Anrechnung der KapESt auf die ESt nur in den Fällen erfolgen, in denen die Kapitalerträge nicht nach dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen[1] besteuert werden. Auf die ESt angerechnet wird die KapESt, die insgesamt von denjenigen inländischen[2] Kapitalerträgen erhoben wurde, die in dem betreffenden Vz bei der Veranlagung erfasst werden. Wann der Steuerabzugsverpflichtete (d. h. der Schuldner der Kapitalerträge oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle) die KapESt an das FA abgeführt hat (ob im Kj. des Vz oder in einem anderen Kj.), ist dabei ohne Belang.

 

Rz. 67

Wird der Anspruch auf die noch nicht gezahlte Dividende im Jahresabschluss ausgewiesen und somit in die Veranlagung einbezogen, dann ist auch die von diesen Beteiligungserträgen zu erhebende KapESt auf die ESt des Einzelunternehmers oder der Mitunternehmer der Obergesellschaft bereits für den Vz anzurechnen, in dem die Beteiligungserträge bei der Veranlagung erfasst werden.[3]

Die KapESt muss allerdings im Zeitpunkt der Veranlagung bereits durch Steuerabzug vom Kapitalertrag erhoben worden sein, denn nur "erhobene" KapESt (Rz. 70) wird auf die Steuerschuld des Gläubigers der Kapitalerträge angerechnet.

 

Rz. 68

Soweit die ESt nicht durch den Steuerabzug vom Kapitalertrag als abgegolten gilt, wirkt die erhobene KapESt wie eine Vorauszahlung auf die bei der Veranlagung festzusetzende ESt.

 

Rz. 69

Wurde beim BZSt die Erstattung von KapESt beantragt, dieser Antrag aber bestandskräftig abgelehnt, schließt das die Anrechnung von KapESt bei der Veranlagung zur ESt nicht aus. Wenn das BZSt einen nach § 44b EStG gestellten Einzelantrag auf Erstattung von KapESt ablehnt, sendet es dem Antragsteller mit dem Ablehnungsbescheid die Steuerbescheinigung des inländischen Kreditinstituts zurück, die dieser zusammen mit seinem Antrag eingereicht hatte. Der anrechnungsberechtigte Anteilseigner kann nunmehr diese Steuerbescheinigung zusammen mit seiner ESt-Erklärung seinem Wohnsitz-FA vorlegen. Daraufhin wird ihm im Rahmen der Veranlagung zur ESt die KapESt nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf seine eigene Steuerschuld angerechnet.

 

Rz. 70

Für die Anrechnung auf die ESt entscheidend ist die Einbehaltung der KapESt. Analog der Regelung bei der LSt ist die Anrechnung der KapESt nicht davon abhängig, dass der Schuldner der Kapitalerträge die von ihm einbehaltene KapESt auch an das FA abgeführt hat. Nach der Rspr.[4] muss die Finanzbehörde sich das Risiko, dass der Steuerabzugsverpflichtete die einbehaltene KapESt nicht abführt, zurechnen lassen, da sie sich beim Einzug der KapESt des Steuerabzugsverpflichteten als "Gehilfen" bedient.

"Erhoben" i. S. d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG (als eine der Voraussetzungen für deren Anrechnung auf die Einkommensteuer) ist die KapESt bereits dann, wenn sie vom Steuerabzugsverpflichteten für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde.[5]

Die Abgeltungswirkung nach § 43 Abs. 5 S. 1 Halbs. 1 EStG tritt auch dann ein, wenn die bei der Auszahlung der Kapitalerträge einbehaltene KapESt nicht beim FA angemeldet und abgeführt wird und kein die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs ausschließender Fall nach § 43 Abs. 5 S. 1 Halbs. 2, S. 2 oder S. 3 EStG vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn der Stpfl. Kapitaleinkünfte in Form von Scheinrenditen aus einem betrügerischen Schneeballsystem erzielt hat, für die aus seiner Sicht KapESt nach § 43 Abs. 5 S. 1 EStG einbehalten worden ist.[6]

Dass der Gläubiger der Kapitalerträge als Steuerschuldner für die zwar einbehaltene, aber nicht abgeführte KapESt ggf. nach § 44 Abs. 5 S. 2 EStG in Anspruch genommen werden kann, ist für die Anrechnung der KapESt ohne Bedeutung. Erst die Inanspruchnahme in einem späteren Vz führt dann beim Gläubiger der Kapitalerträge insoweit zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen.

KapESt, die auf geschätzte, tatsächlich aber nicht angefallene Erträge eines ausl.[7] thesaurierenden Investmentfonds abgeführt wurde, ist anzurechnen bzw. zu erstatten.

 

Rz. 71

Besteht während eines Kj. sowohl unbeschränkte als auch beschr. Steuerpflicht, sind die während der beschr. Steuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte nach § 2 Abs. 7 S. 3 EStG in eine Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht einzubeziehen. In der Praxis bestanden Zweifelsfragen, wie mit Steuerabzugsbeträgen zu verfahren war, die nach dem Wegzug entstanden und bei denen keine beschr. Steuerpflicht bestand (z. B. Zinsen). Denn mit der Anrechnung des Steuerabzugs im Kj. des Wechsels der Steuerpflicht von der unbeschränkten zur beschr. Steuerpflicht waren nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut sowohl das Wohnsitz-FA des Stpfl. nach § 2 Abs. 7 S. 3 EStG i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 EStG als auch das Betriebsstätten-FA des Schuldners der Kapitalerträge nach § 37 Abs. 2 AO befasst. Dies führte in der Praxis zu Zuordnungs- und Abgrenzungsproblemen. Aus dem aktuellen § 36 Abs. 2 Nr. 2 S. 5 EStG[8] ergibt sich die alleinige Zuständigkeit des Wohnsitz-FA des Stpfl. für die Anrec...

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