1.1 Inhalt

 

Rz. 1

§ 35b EStG reduziert auf Antrag (Rz. 33) die tarifliche ESt (Rz. 35ff.), falls Einkünfte zuvor bereits mit ErbSt belastet wurden (Rz. 16ff.). Hierfür nennt Satz 1 die Tatbestandsvoraussetzungen (Rz. 15ff.) und Rechtsfolge (Rz. 34ff.), Satz 2 konkretisiert, wie der für die Ermäßigung maßgebliche Prozentsatz zu ermitteln ist (Rz. 38ff.).

 

Rz. 2

Systematisch handelt es sich um eine als Tarifvorschrift ausgestaltete Steuervergünstigung, da eine Doppelbelastung von ErbSt und ESt aufgrund der unterschiedlichen Besteuerungsgegenstände verfassungsrechtlich zulässig ist, beide Steuern also grundsätzlich nebeneinander stehen.[1]

1.2 Normzweck

 

Rz. 3

Grundsätzlich können Steuerschulden des Erblassers beim Erben als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht werden,[1] sodass es beim Erben zu keiner Doppelbelastung kommt. Im erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb (§ 10 ErbStG) können aber Vermögensgegenstände enthalten sein, die beim Erben erst durch spätere Realisationsvorgänge eine ESt-Schuld auslösen. Hierfür sieht § 35b EStG eine Steuerermäßigung vor und reduziert die auf diese Einkünfte entfallende Steuerschuld, da außerhalb von § 35b EStG für den Erben keine Möglichkeit besteht, diese Zusatzbelastung abzuziehen.[2]

[1] BFH v. 4.7.2012, II R 15/11, BStBl II 2012, 790, BFH/NV 2012, 1738.
[2] Schulz, in H/H/R, EStG/KStG, § 35b EStG Rz. 3; Kulosa, in Schmidt, EStG, 2023, § 35b EStG Rz. 2 m. w. N.

1.3 Rechtsentwicklung

 

Rz. 4

Eine Steuerermäßigung zur Verhinderung einer Doppelbelastung mit ESt und ErbSt kennt das EStG bereits seit dem Jahr 1925.[1] Die heutige Fassung von § 35b EStG wurde durch das ErbStRG v. 24.12.2008[2] eingefügt. Sie geht inhaltlich auf den für 1975 bis 1998 relevanten § 35 EStG i. d. F. des EStRG v. 5.8.1974[3] zurück, der durch das StEntlG 1999/2000/2002 v. 24.3.1999[4] aufgehoben wurde.

 

Rz. 5

Durch das EStG v. 8.10.2009[5] wurden lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen ("Absatz" statt "Abs.").

 

Rz. 6

Durch das ZollkodexAnpG v. 22.12.2014[6] wurde Satz 3 der Vorschrift gestrichen. Die Regelung enthielt eine Ausnahme von der Steuerermäßigung, falls die ErbSt bereits als Sonderausgabe abgezogen wurde, was aber bereits seit 2008 nicht mehr möglich war. Insofern handelte es sich lediglich um eine Bereinigung des Gesetzes.

Rz. 7–11 einstweilen frei

[1] Für die historische Entwicklung s. Schulz, in H/H/R, EStG/KStG, § 35b EStG Rz. 2; Zimmermann, in Lademann, EStG, § 35b EStG Rz. 6ff.
[2] BGBl I 2008, 3018.
[3] BGBl I 1974, 1769.
[4] BGBl I 1999, 402.
[5] BGBl I 2009, 3366.
[6] BGBl I 2014, 2417.

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