Rz. 54

Besuchsfahrten zu Angehörigen sind regelmäßig nicht außergewöhnlich oder atypisch und deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anzusehen.[1] Dies gilt auch dann, wenn das eigene Kind besucht wird, zumal derartige Fahrten bereits durch den Kinderlastenausgleich oder die doppelte Haushaltsführung ausgeglichen sind.[2] Obgleich in der heutigen Zeit Patchwork-Familien, getrennt lebende Paare und alternative Formen des Zusammenlebens gegenüber dem traditionellen Familienmodell zunehmend an Bedeutung gewinnen und damit einhergehend häufiger Fälle auftreten, in denen überdurchschnittliche Besuchskosten entstehen, liegt weiterhin eine pauschale Abgeltung durch die oben genannten Freibeträge vor.[3] Fahrtkosten von dauernd getrennt lebenden Eltern für Besuche ihrer Kinder können nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.[4]

Besuchsfahrten der Eltern zu ihrem im europäischen Ausland die Schule besuchenden Kind sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Solche Kosten werden durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten.[5]

Ebenso sind auch Reisekosten für den Besuch der Beerdigung eines nahen Angehörigen nicht abzugsfähig (Rz. 52). Schließlich sind auch weitere Aufwendungen der Kontaktpflege (Porto, Telefonkosten, Gebühren für einen Internetanschluss) nicht als außergewöhnlich zu bezeichnen und deshalb ebenfalls nicht abzugsfähig.[6]

 

Rz. 55

Soweit Besuchsfahrten allerdings zu den Krankheitskosten zählen, sind diese abzugsfähig.[7] Hierfür ist gem. § 64 EStDV (Rz. 44a) jedoch die medizinische Notwendigkeit der Besuche bereits vor Antritt der Fahrten durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen.[8] Darüber hinaus sind übliche Besuchsfahrten von dem Kostenabzug ausgeschlossen, lediglich Mehrfahrten aufgrund der medizinischen Notwendigkeit können einen Abzug ermöglichen.[9]

 

Rz. 56

Aufwendungen für Besuchsfahrten zu im Altenheim lebenden Angehörigen stellen grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn die Angehörigen aus altersbedingten Gründen im Altenheim leben.[10] Dasselbe gilt für Kosten von Besuchsfahrten zur Pflege und Versorgung eines nahen Angehörigen.[11]

[1] BFH v. 23.5.1990, III R 145/85, BStBl II 1990, 895 zu Besuchsfahrten der Eltern zu ihrem inhaftierten volljährigen Kind; BFH v. 23.5.1990, III R 63/85, BStBl II 1990, 894 zu Besuchen des inhaftierten Ehegatten; BFH v. 25.2.2009, VI B 147/08, BFH/NV 2009, 930.
[3] BFH v. 27.9.2007, III R 28/05, BFH/NV 2008, 148, BStBl II 2008, 287, Haufe-Index 1838028, kritisch hierzu Greite, NWB 2008, 927; FG München v. 8.12.2009, 13 K 2305/07, Haufe-Index 2302053: Dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; Niedersächsisches FG v.19.3.2010, 15 K 440/09, Haufe-Index 2685291: Aufwendungen eines Stpfl. für Besuchsfahrten zu seiner Tochter, für die er mit seiner geschiedenen Ehefrau das gemeinsame Sorgerecht inne hat, sind nicht außergewöhnlich; BFH v. 5.3.2009, VI R 60/07, BFH/NV 2009, 1111: Aufwendungen der Großeltern für Besuche ihres im Ausland lebenden Enkelkinds sind grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar; BFH v. 11.1.2011, VI B 60/10, BFH/NV 2011, 786.
[4] BFH v. 27.9.2007, III R 41/04,;BVerfG v. 22.10.2009, 2 BvR 1520/08: Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
[6] BFH v. 22.10.1996, III R 265/94, BStBl II 1996, 558; s. a. Hollatz, NWB 2008, 2891, welcher die Auffassung vertritt, es bestünde ein verfassungsrechtliches Gebot zur Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen.
[9] BFH v. 6.4.1990, III R 60/88, BStBl II 1990, 958, Haufe-Index 63296; FG Baden-Württemberg v. 19.5.2010, 14 K 2851/08, Haufe-Index 2673475: Fahrtkosten für Krankenbesuche des Ehegatten, Telefonkosten und Aufwendungen für medizinische Fachbücher sind bei fehlender medizinischer Indikation keine außergewöhnlichen Belastungen; BFH v. 2.12.2004, III R 27/02, BFH/NV 2005, 1248.
[11] BFH v. 6.4.1990, III R 60/88, BStBl II 1990, 958, Haufe-Index 63296; .FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 29.10.2013, 5 K 1542/10, Haufe-Index 6351084: Keine Berücksichtigung von 65 Besuchsfahrten im Jahr zu der nach einem Schlaganfall pflegebedürftigen, nach dem Klinikaufenthalt zusammen mit dem Ehemann in einer weit entfernten Seniorenwohnanlage lebenden Mutter als außergewöhnliche Belastung.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge