Rz. 47

Bis 30.6.1998 war Anspruchsgrundlage für den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch für nichteheliche Kinder § 1615g BGB a. F., der analog auf die Unterhaltsverpflichtung des nicht sorgeberechtigten (geschiedenen oder getrennt lebenden) Ehegatten angewandt wurde.[1] Ab 1.7.1998 wurde die Anrechnung des Kindergelds und vergleichbarer Leistungen in §§ 1612b, 1612c BGB einheitlich neu geregelt. Danach war das Kindergeld beim barunterhaltspflichtigen Elternteil zur Hälfte anzurechnen, wenn das Kindergeld an den anderen Elternteil oder einen vorrangig berechtigten Dritten ausgezahlt wurde (§ 1612b Abs. 1 BGB). Waren beide Eltern barunterhaltspflichtig (z. B. bei Betreuung durch einen Dritten), erhöhte sich der Unterhaltsanspruch gegen den das Kindergeld beziehenden Elternteil um das hälftige Kindergeld (§ 1612b Abs. 2 BGB). Hatte nur der barunterhaltspflichtige Elternteil Anspruch auf das Kindergeld, wurde es aber nicht an ihn ausgezahlt, war es in voller Höhe anzurechnen, sodass sich der Unterhaltsanspruch gegenüber dem Elternteil, der das Kindergeld für das betreffende Kind nicht bezog, entsprechend verminderte (§ 1612b Abs. 3 BGB). Nach § 1612b Abs. 4 BGB war der Zählkindervorteil nicht anzurechnen.

Nach § 1612b Abs. 5 BGB i. d. F. bis 2000 unterblieb die Anrechnung des Kindergelds, soweit der Unterhaltsverpflichtete außerstande war, Unterhalt in Höhe des Regelbedarfs nach der Regelbetrag-Verordnung (RegelbetragVO) zu leisten (absolute Leistungsunfähigkeit, sog. absoluter Mangelfall). Bei verminderter Leistungsfähigkeit und dementsprechend geminderter Unterhaltsverpflichtung (sog. relativer Mangelfall) entstand ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch des barunterhaltspflichtigen Elternteils daher erst dann, wenn der geleistete Barunterhalt zuzüglich des hälftigen Kindergelds den Regelbetrag überschritten hat.

Nach § 1612b Abs. 5 BGB i. d. F. ab 2001 wurde die Anrechnungsgrenze auf 135 % des Regelbetrags angehoben. Die Anhebung soll gewährleisten, dass eine Anrechnung nur erfolgte, soweit das hälftige Kindergeld zuzüglich des geschuldeten Unterhalts das Barexistenzminimum des Kindes überstiegen hat.[2] Diese Regelung war verfassungsgemäß.[3]

Nach § 31 S. 6 EStG i. d. F. bis 2003 waren Kindergeld und vergleichbare Leistungen, die einem Dritten ausgezahlt werden, auch dann zu verrechnen, soweit sie dem Stpfl. im Weg eines zivilrechtlichen Ausgleichs zustanden und ihm daher wirtschaftlich zugutekamen. Über die hälftige Anrechnung des Kindergelds auf den Kindesunterhalt erhielt der Barunterhaltsverpflichtete den Anteil an der staatlichen Förderleistung in voller Höhe.[4] Die Leistungen mussten dem Stpfl., z. B. dem barunterhaltspflichtigen Elternteil, im Weg des zivilrechtlichen Ausgleichs (abstrakt) zustehen; die tatsächliche Geltendmachung des Anspruchs war nicht entscheidend.[5] Der Stpfl. wurde so behandelt, als sei ihm insoweit das Kindergeld gezahlt worden. Der Ausgleichsanspruch entsprach grds. einem Betrag in Höhe des halben Kindergelds.[6] Abweichende zivilrechtliche Vereinbarungen, z. B. ein Vergleich oder ein Verzicht, waren unbeachtlich.[7]

Auch in den sog. Mangelfällen, d. h., wenn das Nettoeinkommen des Barunterhaltsverpflichteten neben seinem Eigenbedarf (Selbstbehalt) nicht zur Deckung des vollen Kindesunterhaltsbedarfs ausreicht, war das Kindergeld dem Unterhaltsverpflichteten auch dann zuzurechnen, wenn eine zivilrechtliche Anrechnung wegen zu geringer Unterhaltsleistung nicht erfolgte. Bestand gegen den Elternteil wegen zu geringer Mittel überhaupt kein Unterhaltsanspruch, konnte eine zivilrechtliche Anrechnung des Kindergelds nicht erfolgen. Konnte er zum Unterhalt beitragen, aber nur in einer Höhe unter 135 % des Regelunterhalts, war auch hier das Kindergeld zur Hälfte anzurechnen.

Diese Regelung war verfassungsgemäß.[8]

[2] Schneider, DStZ 2001, 881.
[3] BVerfG v. 9.4.2003, 1 BvL 1/01 u. a., BStBl I 2003, 1770
[4] BVerfG v. 9.4.2003, 1 BvL 1/01 u. a., BStBl I 2003, 1770.
[5] BMF v. 9.3.1998, V B 5 – S 2280 – 45/98, BStBl I 1998, 347, Tz. 9.

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