Rz. 13

Gegen die Vereinbarkeit des § 2a Abs. 1 EStG mit dem Grundgesetz sind erhebliche Bedenken geltend gemacht worden.[1] Zwar steht dem Gesetzgeber im Rahmen sachgerechter Erwägungen ein weiter Regelungsspielraum zu, in dessen Rahmen er auch wirtschaftspolitischen bzw. investitionslenkenden Überlegungen Raum geben darf. Diese Erwägungen müssen jedoch sachgerecht sein, d. h. sich insbes. an den Prinzipien der Leistungsfähigkeit und der Systemgerechtigkeit orientieren.[2] Als investitionslenkende Maßnahme verstößt § 2a Abs. 1 EStG gegen das System der Besteuerung der Auslandsbeziehungen. Wenn bestimmte Arten der Auslandstätigkeit als unerwünscht angesehen werden, wären sie insgesamt aus der deutschen Besteuerung auszuscheiden gewesen, nicht nur die Verluste. Hinzu kommt, dass § 2a Abs. 1 EStG in seinem Tatbestand nicht zwischen "erwünschten" und "nicht erwünschten" Tätigkeiten unterscheidet, sondern unterschiedslos einen weiten Bereich der Auslandstätigkeit erfasst (Rz. 19ff.). Als investitionslenkende Vorschrift ist § 2a Abs. 1 EStG daher nicht fassbar, da ein Investitionslenkungszweck im Tatbestand nicht in Erscheinung tritt und dementsprechend keine greifbare Abgrenzung zu "erwünschten" Investitionen enthält.

 

Rz. 13a

Die Regelung des § 2a Abs. 1 EStG, steuererhöhende Einkünfte zu erfassen, steuermindernde Einkünfte aber nicht, führt zur Annahme einer Fiskalnorm, die eine Minderung des Steueraufkommens verhindern soll. Als Fiskalnorm wäre § 2a Abs. 1 EStG aber in besonderem Maße an dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem aus dem Gleichheitsgebot (Art. 3 GG) fließenden Verbot der ungleichmäßigen Belastung zu messen. Offensichtlich verstößt § 2a Abs. 1 EStG aber gegen diese Grundsätze. Ein Stpfl. mit Verlusten der in § 2a Abs. 1 EStG genannten Art ist nicht leistungsfähiger als ein Stpfl. mit inl. Verlusten der gleichen Art. Auch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten innerhalb des § 2a Abs. 1 EStG lassen einen Bezug zu dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit nicht erkennen.

 

Rz. 13b

Der Systembruch, der in § 2a Abs. 1 EStG liegt, lässt sich daher weder unter dem Gesichtspunkt der Wirtschafts- und Investitionslenkung noch aus dem einer Fiskalnorm rechtfertigen. Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich bedenklich. Der BFH[3] hat die Vorschrift jedoch als verfassungsgemäß bezeichnet. Verfassungsbeschwerden hiergegen sind vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden.[4] Es lässt sich nicht übersehen, ob das BVerfG grundsätzlich oder nur hinsichtlich spezieller Einzelfragen entschieden hat.[5]

[1] Friauf, StuW 1985, 308; Jehner, DStR 1986, 279 für "Altfälle"; Loritz/Wagner, BB 1991, 2266 m. w. N.; differenzierend Mössner, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a EStG Rz. A 55ff., A 56k.
[2] Friauf, StuW 1985, 308.
[4] BVerfG v. 27.3.1998, 2 BvR 1986/93, n. v.; BVerfG v. 27.3.1998, 2 BvR 2058/92, n. v.; BVerfG v. 27.3.1998, 2 BvR 220/92, n. v.; BVerfG v. 17.4.1998, 2 BvR 374/91, n. v.; BVerfG v. 20.4.1998, 2 BvR 62/92, n. v.; BVerfG v. 20.4.1998, 2 BvR 374/91, n. v.; BFH v. 29.5.2001, VIII R 43/00, BFH/NV 2002, 14.
[5] Mössner, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a EStG Rz. A 56a.

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