Rz. 95

Im Verfahren eines Ehegatten gegen den zusammenveranlagenden Steuerbescheid ist regelmäßig weder eine notwendige noch eine einfache Hinzuziehung (§ 360 AO) bzw. Beiladung (§ 60 FGO) des anderen Ehegatten möglich, da der Zusammenveranlagungsbescheid kein einheitlicher Bescheid ist, sondern eine Zusammenfassung mehrerer selbstständiger Verwaltungsakte[1]; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn gegensätzliche Interessen bestehen.[2] Das gilt erst recht bei der Einzelveranlagung. Aber auch in jenen Fällen, in denen die Art der vorzunehmenden Veranlagung der Ehegatten in Streit steht, hat grundsätzlich eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO zu unterbleiben. Nach der Rspr.[3] ist eine notwendige Beiladung nicht erforderlich, wenn eine Einzelveranlagung vorgenommen wurde und ein Ehegatte die Zusammenveranlagung begehrt. Ebenso ist eine notwendige Beiladung im umgekehrten Fall abzulehnen, wenn ein Ehegatte von der Zusammenveranlagung zur (früheren) getrennten Veranlagung übergehen will[4]; dies gilt entsprechend ab Vz 2013 für die Einzelveranlagung, soweit die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 S. 4 EStG vorliegen. Begründet wird dies damit, dass selbst bei der Verurteilung des FA zur Zusammenveranlagung das FG diese nicht selbst vornehmen könne, sondern das FA sie umzusetzen habe und der andere Ehegatte sich dann gegen den ihm gegenüber ergehenden Bescheid uneingeschränkt wehren könne. Der andere Ehegatte ist jedoch notwendig beizuladen, wenn ein Ehegatte nach Durchführung einer Zusammenveranlagung nunmehr die Einzelveranlagung begehrt und zwischen den Ehegatten darüber Streit besteht.[5] Schließlich erscheint eine notwendige Beiladung sachgerecht, wenn der Antrag eines Ehegatten auf die (frühere) getrennte Veranlagung wegen Rechtsmissbräuchlichkeit als unbeachtlich nicht berücksichtigt und die Zusammenveranlagung deshalb gegen den Willen des anderen Ehegatten vorgenommen wird.[6] Bei Anfechtung eines Aufteilungsbescheids zur ESt-Gesamtschuld durch einen zusammen veranlagten Ehegatten ist der andere Ehegatte grundsätzlich notwendig hinzuzuziehen bzw. notwendig beizuladen.[7] Dies gilt nicht, wenn der Beizuladende unter keinem denkbaren steuerrechtlichen Gesichtspunkt betroffen ist[8] oder wenn die Klage offensichtlich wegen einer fehlenden Sachurteilsvoraussetzung formell erfolglos[9] oder offensichtlich unzulässig ist.[10]

 

Rz. 96

Hat das FA eine Zusammenveranlagung durchgeführt und erstrebt einer der Ehegatten die Einzelveranlagung, muss er eine Verpflichtungsklage erheben. Hat der Ehegatte zunächst eine Anfechtungsklage gegen den Zusammenveranlagungsbescheid erhoben, kann er zwar auch noch während des finanzgerichtlichen Verfahrens – bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung – die Einzelveranlagung wählen.[11] Die zulässige Wahlrechtsausübung bedeutet jedoch nicht, dass auch eine entsprechende Klageänderung zulässig ist. Eine Klageänderung ist daher nur zulässig, wenn auch für die Verpflichtungsklage die Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere das abgeschlossene Vorverfahren, erfüllt sind. Der Übergang zur Verpflichtungsklage ist daher nur zulässig, wenn das FA zuvor einen Antrag auf Einzelveranlagung abgelehnt hat.[12] Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall des Übergangs von Einzelveranlagung zur Zusammenveranlagung. Hierbei ist zu beachten, dass die Veranlagungswahl ab Vz 2013 nur noch unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 S. 4 EStG möglich ist.

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