Rz. 88

Bei Nichtabgabe der ESt-Erklärung kann das FA zur Abgabe durch Verwaltungsakt auffordern und sodann diesen Verwaltungsakt durch Zwangsmittel, insbesondere Zwangsgeld, durchsetzen (§§ 328ff. AO).[1] Diese Möglichkeit geht auch dann nicht verloren, wenn das FA die Bemessungsgrundlage oder Teile der Bemessungsgrundlage nach § 162 AO geschätzt hat (§ 149 Abs. 1 S. 4 AO).

 

Rz. 89

Eine weitere Sanktion bietet § 152 AO mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags bis zu 10 % der Steuer, höchstens aber 25.000 EUR. Ein Verspätungszuschlag von mehr als 5.000 EUR wird nur festgesetzt, wenn anderenfalls der erlangte Zinsvorteil nicht abgeschöpft würde.[2] Kommt der Stpfl. seiner Darlegungs- und Beweislast über die Stellung eines Fristverlängerungsantrags nicht nach, kann das FA bei der Bemessung der Fristüberschreitung auf die gesetzlich vorgesehene Abgabefrist für die Steuererklärung abstellen.[3]

§ 152 AO wurde neu gefasst durch G. v. 18.7.2016.[4] Für Steuererklärungen, die nach dem 1.1.2019 einzureichen sind, kann der Verspätungszuschlag auch mehr als 10 % der festgesetzten Steuer betragen. Dies gilt insbesondere, wenn die Steuer auf null EUR oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wurde oder wenn die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge die festgesetzte Steuer übersteigt.[5]

Der Verspätungszuschlag wird grundsätzlich mit der Steuer festgesetzt (§ 152 Abs. 3 AO). Gleichwohl handelt es sich bei der Festsetzung um einen rechtlich selbstständigen Verwaltungsakt, der gesondert mit dem Einspruch anfechtbar ist.[6] Die Verböserung des zunächst festgesetzten Verspätungszuschlags im Einspruchsverfahren ist grundsätzlich zulässig.[7] Nach überwiegender Auffassung in Rspr. und Literatur kann gegenüber zusammen veranlagten Eheleuten ein einheitlicher Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Zulässig ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlages aber auch nur gegenüber einem Ehegatten.[8]

 

Rz. 90

Der Verspätungszuschlag ist eine steuerliche Nebenleistung (§ 3 Abs. 4 AO), die verfassungsrechtlich unbedenklich ist.[9] Das gilt auch nach Einführung der Vollverzinsung.[10] Sein Zweck besteht nach § 152 Abs. 2 S. 2 AO darin, den Stpfl. zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten. Unerheblich ist es deshalb, ob das FA die angeforderte Steuererklärung alsbald nach Eingang bearbeitet.[11] Auch in Erstattungsfällen kann der Zuschlag festgesetzt werden.[12] Sanktioniert sind aber nur die Nichtabgabe und die nicht rechtzeitige Abgabe. Bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben wie auch beim Fehlen statistischer Angaben (§ 150 Abs. 5 AO) und der Unterlagen i. S. v. § 150 Abs. 4 AO kann deshalb ein Verspätungszuschlag nicht festgesetzt werden.[13] Das FA muss hier die Vervollständigung durch die Zwangsmittel nach § 328 AO erzwingen. Entscheidend ist, ob die Steuererklärung mit so schwerwiegenden inhaltlichen oder formellen Mängeln behaftet ist, dass sie praktisch als nicht abgegeben anzusehen ist, weil sie nicht geeignet ist, ein ordnungsgemäßes Besteuerungsverfahren in Gang zu setzen.[14]

 

Rz. 91

Die Frage, ob im konkreten Fall ein Verspätungszuschlag[15] festgesetzt werden soll, ist eine Ermessensentscheidung ("kann")[16], die nach § 121 Abs. 1 AO der Begründung bedarf.[17] Bei Massenverfahren sind allerdings geringe Anforderungen an die Begründung zu stellen; bei Kleinbeträgen bis 10 EUR ist eine Begründung zur Höhe grundsätzlich entbehrlich.[18]

§ 152 Abs. 2 AO in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung (Rz. 89) enthält einen obligatorischen Verspätungszuschlag.

 

Rz. 92

Adressat der Festsetzung des Verspätungszuschlags ist der Erklärungspflichtige. Das ist nicht der mit der Erstellung Bevollmächtigte, auch wenn dessen schuldhaftes Verhalten dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen ist (§ 152 Abs. 1 S. 3 AO). Nach der Rspr. können auch die gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigten (§§ 34, 35 AO) Adressaten der Verspätungszuschlags-Festsetzung sein. Dem FA steht danach an sich die Wahl zu, ob es die Festsetzung gegen den Stpfl. oder gegen den gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigten vornimmt. Jedoch ist die Festsetzung grds. gegen den Stpfl. und nur in besonderen Ausnahmefällen gegen den gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigten vorzunehmen.[19] Nach a. A. können die gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigten nicht Adressaten der Festsetzung eines Verspätungszuschlags sein.[20]

 

Rz. 93

Die Besteuerungsgrundlagen können geschätzt werden, wenn das FA sie wegen fehlender Mitwirkung des Stpfl., insbesondere auch bei Nichtabgabe einer Steuererklärung, nicht ermitteln kann (§ 162 AO).[21] Die Besteuerungsgrundlagen sind nach § 162 Abs. 2 AO u. a. dann zu schätzen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Stpfl. gemachten Angaben zu stpfl. Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen unrichtig oder unvollständig sind. Da das FA indes nach Möglichkeit die zutreffend...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge