Rz. 296

Von den Einnahmen aus der Veräußerung sind nach § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG die Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG stehen, abzuziehen. Die Abziehbarkeit der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, stellt eine Ausnahme vom Abzugsverbot für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG dar und dient der Verwirklichung des objektiven Nettoprinzips. Der Begriff der Aufwendungen i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG ist identisch mit dem Aufwendungsbegriff des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG und umfasst alle Güter in Geld oder Geldeswert, deren Abfluss durch eine steuerbare Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG veranlasst ist.[1] Darunter fallen nicht nur Geldzahlungen, sondern auch Sachaufwendungen, die entsprechend § 8 Abs. 2 EStG mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort zu bewerten sind. Den Begriff des unmittelbaren sachlichen Zusammenhangs i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG kannte das Gesetz bisher nicht. Eine Definition findet sich weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung.[2] Nach Auffassung von Teilen des Schrifttums soll insofern auf den Begriff des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs i. S. d. § 3c Abs. 1 EStG zurückzugreifen sein.[3] Ein solcher liegt vor, wenn Einnahmen und Ausgaben durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Notwendig ist eine klar abgrenzbare Beziehung zwischen Einnahmen und Ausgaben i. S . einer unlösbaren wirtschaftlichen Verbindung, also ohne Dazwischentreten anderer Ursachen, die zudem konkret feststellbar sein muss.[4] U. E. ist diese Definition jedenfalls in Teilen eine Leerformel und daher für die Rechtspraxis nur bedingt geeignet. Ihre Heranziehung begegnet zudem methodischen Bedenken, da der Begriff des unmittelbaren sachlichen Zusammenhangs i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG einer eigenständigen Auslegung zugeführt werden muss. Definitionen, die zu anderen Vorschriften entwickelt wurden, können hierbei nur einen Orientierungspunkt darstellen und dürfen nicht unbesehen übernommen werden.

 

Rz. 297

Zur Konkretisierung des Begriffs des unmittelbaren sachlichen Zusammenhangs i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG muss u. E. auf die einzelnen Begriffsmerkmale abgestellt werden.[5] Was den in § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG geforderten Zusammenhang anbelangt, ist damit der für das deutsche Einkommensteuerrecht prägende Begriff des Veranlassungszusammenhangs gemeint. Die Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG stehen, müssen also durch dieses veranlasst sein. Dies ist der Fall, wenn die Aufwendungen in objektivem Zusammenhang mit einer Veräußerung stehen und subjektiv zur Förderung der Veräußerung gemacht werden, wobei die subjektive Förderungsabsicht weit zu verstehen ist und bei unfreiwilligen Aufwendungen (z. B. squeeze out i. S. d. § 327a AktG) auch ganz entfallen kann.[6] Da es sich bei einer Veräußerung um die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer Kapitalanlage vom Veräußerer auf den Erwerber handelt, kann der notwendige Zusammenhang damit von vorneherein nicht mit Aufwendungen bestehen, die durch das Anschaffen (z. B. Anschaffungskosten) oder das Halten (z. B. Verwaltungskosten) einer Kapitalanlage veranlasst sind. Die Merkmale der Unmittelbarkeit und der Sachlichkeit i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG schränken den geforderten Zusammenhang weiter ein. Das Merkmal der Unmittelbarkeit verlangt, dass der Zusammenhang nicht lediglich über Zwischenschritte oder Mittelspersonen besteht. Das Merkmal der Sachlichkeit fordert, dass zwischen den Aufwendungen und der Veräußerung ein innerer und nicht lediglich ein äußerer Zusammenhang besteht. Die beiden Merkmale haben indes nur eine eingeschränkte praktische Bedeutung. Sie dienen vor allem der Klarstellung, dass die Aufwendungen mit der Veräußerung selbst zusammenhängen müssen. Zu den Aufwendungen i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, zählen damit im Grunde nur Transaktionskosten, die im Rahmen der Veräußerung einer Kapitalanlage anfallen. Nicht hierunter fallen Schuldzinsen, die der Stpfl. zur Finanzierung einer Kapitalanlage aufwendet.[7] Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, sind in Abweichung von § 11 Abs. 2 EStG im Vz des Zuflusses der Einnahmen aus der Veräußerung zu erfassen, da § 20 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 EStG, ebenso wie § 23 Abs. 3 S. 1 EStG[8], eine Ausnahme vom Abflussprinzip enthält.

 

Hinweis: Pauschalhonorare ("all in fee")

Im Rahmen der Abgeltungsteuer sind Aufwendungen für die Verwaltung von privatem Kapitalvermögen aufgrund des Abzugsverbots für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG nicht mehr abziehbar. Hingegen wirken sich Anschaffungskosten und Transaktionskost...

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